Kapitalstock könnte Krankenkassen stark entlasten

Von Ilse Schlingensiepen, Luzern Ein zehnprozentiger Zuschlag in der gesetzlichen Krankenversicherung könnte die Belastung des Beitragssatzes durch die zunehmende Überalterung der Bevölkerung abfedern. Würde das zusätzliche Geld von 2002 bis 2020 in einem Kapitalstock angelegt, reicht das aus, um danach den Beitragssatz 30 Jahre lang stabil zu halten. Zu diesem Ergebnis kommt Bernd Hof von der Dortmunder International School of Management in einem Gutachten für den Verband der privaten Krankenversicherung (PKV).

Der Wirtschaftswissenschaftler hat ein Modell berechnet, nach dem jeder gesetzlich Versicherte ab 2002 einen Zuschlag von zehn Prozent zum allgemeinen Beitrag zahlen muss. In der PKV ist seit dem 1. Januar 2000 für alle Neuverträge ein solcher Zuschlag Pflicht. Mit dem Geld sollen die Versicherer das Problem steigender Beiträge im Alter in den Griff bekommen – Vergleichbares kann nach Überzeugung Hofs auch in der GKV funktionieren.

Seine Annahme: Der Kapitalstock mit dem Zuschlag wird jährlich mit fünf Prozent verzinst. Er dient als Rücklage, um den Beitragssatzanstieg abzumildern. Der Kapitalstock wächst durch Einnahmen und Zinseffekte bis 2020 auf 1206 Mrd. DM. Dann beginnen die Entnahmen, um die GKV-Beiträge zu stabilisieren, die Einzahlungen stoppen. 2050 ist der Kapitalstock erschöpft.

Hof geht davon aus, dass der Beitragssatz nur als Folge des demografischen Effekts und ohne Berücksichtigung des medizinisch-technischen Fortschritts 2020 bereits bei 15 Prozent liegt. Er sagte auf der Europatagung der PKV in Luzern, dass der Kapitalstock ausreichen würde, um den Beitragssatz von 2020 bis 2050 bei diesen 15 Prozent stabil zu halten. „Ohne Teilkapitaldeckung wäre er bis 2050 weiter auf 17,4 Prozent geklettert.“

Immense Umverteilung

Hof hat auch das von der Vereinten Krankenversicherung und dem Gesundheitsökonomen Klaus-Dirk Henke entwickelte Modell einer kompletten Umstellung der GKV auf die Kapitaldeckung durchgerechnet. Das Modell ist in der Branche höchst umstritten. Es würde eine immense Umverteilung aus Steuermitteln erfordern, vor allem für die Unterstützung sozial schwacher Versicherter.

Der jährliche Transferbedarf wächst nach den Berechnungen Hofs bis auf etwa 600 Mrd. DM im Jahr 2050. Nach der kompletten Umstellung rechnet er mit jährlichen 92 Mrd. DM. Wegen dieses großen Finanzvolumens hält er die Realisierungschancen des Vereinte-Modells für gering.

Der zehnprozentige Beitragszuschlag in der GKV stellt dagegen das System als solches nicht in Frage und hat eine höhere Umsetzungswahrscheinlichkeit, glaubt er. Nach Überzeugung Hofs würde es allerdings zu kurz greifen, lediglich das Finanzierungssystem in der Krankenversicherung zu ändern. „Wir brauchen auch positive Effekte durch die Steuerung auf der Ausgabenseite.“

Quelle: Financial Times Deutschland

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