Seetours will nicht zu Carnival ins Boot

Der Übernahmekampf um den britischen Kreuzfahrtriesen P&O schlägt derzeit hohe Wellen. Der Vizepräsident der deutschen Tochter Seetours, Richard Vogel hält seine bisherigen Prognosen dennoch aufrecht: Im kommenden Jahr wird es erstmals mehr als 500 000 deutsche Kreuzfahrtpassagiere geben. Bisher wählen weniger als 400 000 Touristen hier zu Lande die schwimmenden Luxushotels als Alternative zum Standardurlaub. Die Terroranschläge haben die Kreuzfahrtfans nur kurzfristig verschreckt, die Buchungszahlen haben sich nach wenigen Wochen normalisiert.

Dennoch ist Seetours von der Übernahmeschlacht zwischen den Kreuzfahrtriesen P&O Cruises aus Großbritannien und Carnival aus den Vereinigten Staaten betroffen. Denn Seetours ist eine Tochter der P&O. Die Mutter wollte sich eigentlich mit Royal Caribbean Cruises zusammentun, einem erbitterten Rivalen von Carnival. Das passte dem Weltmarktführer überhaupt nicht: Carnival startete einen feindlichen Übernahmeversuch. Seitdem liefern sich die Konzerne eine Schlammschlacht.

Zum Abwehrkampf seines Mutterkonzerns schweigt Vogel. „Dazu gibt es von uns keinen Kommentar. Der Deal wurde schließlich nicht wegen uns gemacht.“ Der „Deal“ ist das im November vereinbarte Zusammengehen von P&O Cruises mit Royal Caribbean. „Für uns wäre das durchweg positiv“, so Vogel.

Seetours-Chef Horst Rahe deutete kürzlich an, Seetours wolle in Zukunft auch auf den südeuropäischen Märkten aktiv werden. Seine Expansionsträume würden mit Carnival schwieriger zu verwirklichen sein. Schließlich hat das Unternehmen mit der italienischen Tochter Costa selbst ein Standbein in Europa und zielt mit seinem Schiff „Costa Atlantica“ besonders auf deutsche Kunden.

„In Europa gäbe das ein ziemliches Kuddelmuddel“, meint Carsten Sudhölter, Transportmarktanalyst bei der Deutschen Verkehrsbank. „Strategisch gesehen würde Royal Caribbean besser zu P&O passen.“ Wer auch immer am Ende das Rennen macht, tut gut daran, an der Strategie bei Seetours nichts zu ändern, meint Sudhölter. „Das Konzept ist sehr gut durchdacht.“

Seetours bietet zwei Produktlinien an: Die „Aida“ wurde als „Clubschiff“ bekannt, das mit All-Inclusive-Ferien nach Art des Club Mediterranée zum ersten Mal jüngere Deutsche in nennenswerter Zahl auf See lockte. Zwei weitere Schiffe werden die Marke künftig ergänzen.

Neu ist die Marke A’rosa, unter der künftig ein Hochseekreuzfahrer und zwei Flussschiffe fahren werden. Ab Mai wird dafür auf der Bremerhavener Lloyd-Werft die bisherige „Crown Princess“ der P&O-Tochter Princess Cruises zur „A’rosa Blu“ umgebaut. Den traditionellen Kreuzfahrer „Arkona“ wird Seetours dann verkaufen.

An diesen Plänen hat auch der 11. September nichts geändert. Der deutsche Marktführer Hapag-Lloyd befürchtet zwar, durch das schlechte vierte Quartal für das gesamte Jahr im Kreuzfahrgeschäft keinen Gewinn zu machen, erwartet aber eine schwarze Null. Auch Seetours schließt einen Verlust definitiv aus. In den zwölf Monaten von November 2000 bis Oktober 2001 zählte die Reederei unverändert 79 000 Passagiere. Den Umsatz steigerte das Unternehmen um 1,2 Prozent auf 263 Mio. DM. „Wir hatten einen sehr guten Sommer und außerdem Glück, dass wir unsere Schiffe nach den Terroranschlägen nicht in andere Fahrgebiete umleiten mussten“, so Vogel.

Schwer getroffen hat die Angst vor dem Reisen vor allem die amerikanischen Kreuzfahrtreedereien. Für Renaissance Cruises bedeutete die Stornierungswelle bereits das endgültige Aus. Carnival meldete gestern, der Gewinn sei im vierten Quartal in Folge der Terroranschläge um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Zwar kehren die Passagiere langsam zurück, doch mussten die Reedereien die Preise bis zur Schmerzgrenze senken. Carnival bietet Reisen jetzt bis zu 30 Prozent billiger an. Kein Wunder, dass der Marktführer nach Europa drängt, wo das Geschäft noch wächst.

Zitat:

„Royal Caribbean würde besser zu P&O passen als Carnival“ – Carsten Sudhölter, Analyst

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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