Versicherer enttäuscht von Riester-Rente

Anbieter setzen ihre Hoffnungen jetzt auf betriebliche Altersversorgung · McKinsey sieht Comeback der Banken

Von Herbert Fromme, Köln Nach der ersten Runde in der Verteilungsschlacht um die private Riester-Kundschaft macht sich Ernüchterung breit. „Das erwartete Jahrhundertgeschäft fällt magerer als erwartet aus“, sagt Stephan Binder von der Unternehmensberatung McKinsey & Company.

Jetzt versuchen die Versicherer, in der betrieblichen Altersvorsorge Wachstumschancen zu nutzen – auch solche Gesellschaften, die dort bisher kaum tätig waren und sicherlich Schwierigkeiten haben werden, in diesem komplizierten Segment Fuß zu fassen, glaubt Binder. Zusammen mit seinen McKinsey-Kollegen Michael Ollmann und Ulf Redanz hat er eine Bestandsaufnahme in Sachen Riester und betriebliche Altersvorsorge erarbeitet.

Bisher haben die 55 Versicherer, die Riester-Produkte anbieten, klar die Nase vorn im Wettbewerb mit Banken und Fonds um die Riester-Kundschaft. „Die Komplexität der Riester-Reform begünstigt Vertriebsformate mit einer aktiven und persönlichen Kundenansprache“, heißt es in der Studie. Deshalb hätten die Banken in diesem Bereich Probleme. So hatte zum Beispiel die Allianz bis zum Jahresende 2001 rund 330 000 Riester-Renten verkauft, die konzerneigene Dresdner Bank davon aber nur 60 000. Lediglich die Postbank macht mit 217 000 Verkäufen eine Ausnahme.

Trotz der 1,42 Millionen Riester-Policen, die Lebensversicherer bisher nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft verkauft haben, hat die Branche nur wenig Anlass zum Jubeln. Intensiver Wettbewerb und hohe Kosten sind die Hauptursache. „Die Versicherer brauchen sehr hohe Investitionen in die Datenverarbeitung, um die Produktverwaltung ordentlich zu organisieren“, sagt Binder. Die Beiträge können sich jährlich mit dem Einkommen ändern, sie müssen mit der Zulagenstelle der Bundesregierung abgestimmt werden. Auch die Produktentwicklung ist nicht billig, und nur mit hohen Marketingausgaben kann ein Unternehmen in diesem Segment bestehen. Und das alles für Beiträge von maximal 43,75 Euro und durchschnittlich 10 Euro bis 15 Euro. Warum drängen die Versicherer trotzdem auf diesen Markt? Erstens zur Verteidigung ihrer bestehenden Kundenstämme, zweitens als Türöffner, um neue Kundenverbindungen aufzubauen. Dazu gehören nach Ansicht der McKinsey-Experten der Einsatz von Kundenbeziehungsprogrammen (Customer Relationship Management) und der koordinierte Einsatz von Vertretern, Callcentern und Internet. „Hier stehen die meisten Versicherer noch ganz am Anfang“, glauben die McKinsey-Berater.

Ohne solche Techniken haben es die Versicherer noch schwerer, die mögliche Kündigungswelle von traditionellen Lebenspolicen und privaten Riester-Verträgen zu verkraften. Denn die Sogkraft der betrieblichen Altersvorsorge ist beträchtlich. Gruppenverträge haben deutlich geringere Kostensätze – das erhöht die Rendite. Der volle Steuereffekt für vier Prozent des Bruttoeinkommens bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 4500 Euro wird bei der betrieblichen Altersvorsorge sofort erreicht, außerdem werden Beiträge zu Pensionskassen und – fonds bis 2008 aus sozialabgabefreiem Einkommen gezahlt.

McKinsey glaubt, dass bis 2008 kumuliert rund 68 Mrd. Euro durch die Riester-Reform in die betriebliche Altersvorsorge geschleust werden, davon 60 Mrd. Euro in Pensionsfonds und Pensionskassen und 8 Mrd. Euro in Direktversicherungen. Andererseits werde es zu erheblichen Kannibalisierungseffekten im Privatkundengeschäft kommen, sagt Binder.

Erfolg haben kann ein Finanzdienstleister in der betrieblichen Altersvorsorge nur, wenn er seine Geschäftsmodelle ganz auf die jeweiligen Anforderungen der verschiedenen Zielgruppen ausrichtet. Das Spektrum reicht von Großunternehmen und Tarifparteien auf der einen bis zu Klein-und Kleinstunternehmen auf der anderen Seite. Gerade in der letzten Kategorie besteht Bedarf an einfachen Komplettlösungen. Auch hier werden es die kleinen Versicherer schwer haben – viele verfügen nicht einmal über die Kapazität, einen eigenen Pensionsfonds aufzubauen. „Natürlich erhöht das den Druck in Richtung Schaffung größerer Einheiten“, sagt Binder.

Mitspielen in diesem Markt werden verstärkt die Banken, prognostiziert Binder. „Denn hier können sie, anders als im Privatkundengeschäft, ihre Stärken in Beratung und Asset Management voll zur Geltung bringen.“

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Bis 2008 werden gut 68 Mrd. Euro zusätzlich in die betriebliche Altersversorgung geflossen sein, glaubt McKinsey – Argus/Schwarzbach.

Quelle: Financial Times Deutschland

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