Versicherer wagen sich an Cyberhaftung

Allianz Global Risks und Verband entwickeln Modelle “ Markt zweifelt noch

Von Judith Csaba und Herbert Fromme, Hamburg Die Masche ist immer dieselbe: Findige Anwälte durchforsten das Internet nach fehlerhaften Impressumangaben auf den Websites von Firmen oder Freiberuflern. Die Betroffenen erhalten eine Abmahnung, sich künftig gesetzestreu zu verhalten – und eine saftige Rechnung des Anwalts. „Das liegt alles noch im Bereich 1000 bis 2000 Euro, wächst sich aber durch die Häufung inzwischen zu einem Ärgernis für uns aus“, sagte Gero von Manstein von der Bayerischen Versicherungsbank, die zur Allianz-Gruppe gehört.

Die Versicherer sind dann betroffen, wenn ein Dienstleister die Website fehlerhaft erstellt hat und seinem Kunden nach der Abmahnung den Schaden erstatten muss. In diesem Fall greift die IT-Haftpflicht.

Viele IT-Haftpflichtschäden liegen deutlich über dem Niveau der Impressumsabmahnungen. Ein Softwarehaus, das mit seinen Installationsdateien einen aggressiven Computervirus in das System des Kunden einschleust oder, fast noch schlimmer, an dessen Kunden weitergibt; ein Webdesign-Büro, das unvorsichtig mit Copyright an Bildern und Texten umgeht; ein Berater, der zu ungeeigneter Software rät – das kann in die Millionen gehen.

Von der normalen Haftpflichtversicherung sind diese Schäden ausgeschlossen. Die Allianz Global Risks, der Industrieversicherer der Gruppe, hat ein Konzept entwickelt, das diese Lücke schließen soll. Die Deckung wird zunächst deutschen Unternehmen angeboten. „Wir prüfen derzeit, wie der Bedarf in anderen Märkten ist“, sagte ein Unternehmenssprecher. Als nächstes könnte ein Einstieg in Frankreich und Großbritannien folgen. Zu den Preisen der Cyberhaftung wollte sich der Sprecher nicht äußern. „Die Kosten berechnen sich individuell, sie hängen von der Komplexität des Risikos ab.“

Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat sich mit der Problematik auseinandergesetzt und ein Haftpflichtkonzept speziell für IT-Dienstleister entwickelt. Das bestehende Modell für Softwarehäuser erwies sich zunehmend als unpassend für andere IT-Betriebe, wie etwa Internetbetreiber oder Websitedesigner. Das GDV-Modell ist ein Vorschlag für seine Mitgliedsunternehmen, die diese Versicherungsbedingungen oft noch individuell anpassen oder, wie die Allianz Global Risks, ein völlig eigenes Konzept verfolgen. Allen Modellen gemeinsam ist, dass sie mit genau definierten Höchstdeckungen und Ausschlüssen von Risiken arbeiten.

Der Industrieversicherer Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI), die Nummer drei im Markt nach Allianz und Gerling, plant derzeit nicht, den Kunden ein Produkt zur Cyberhaftung anzubieten. „Wir wissen, dass hier Bedarf besteht“, sagte Jürgen Rolke, der Leiter des Bereichs Sachversicherung für Industriekunden. „Aber es ist sehr schwierig, ein Produkt zu entwickeln, das dem Versicherer eine Ertragschance lässt.“ Computerviren könnten leicht viele Versicherungsnehmer zugleich betreffen und einen großen Kumulschaden verursachen. Die Gratwanderung zwischen dem Ausschluss solcher Risiken und einer für den Kunden interessanten Deckung des Schadenpotenzials sei schwierig, so HDI-Manager Rolke.

Zitat:

„Ein Produkt mit Ertragschancen zu entwickeln ist sehr schwierig“ – Jürgen Rolke, HDI

Bild(er):

Unternehmen wie SAP – hier die Zentrale – haben hohe Risiken – Andreas Varnhorn.

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit