Wenn zwei nicht miteinander können

McKinsey hat über elf Jahre die Wirkung von Fusionen und Übernahmen auf die Kurse von Versicherungsunternehmen untersucht. Der Wertzuwachs war meist gering

Von Herbert Fromme, Köln Nur langsam kommt in Deutschland die lange erwartete Welle von Versicherungsfusionen und Übernahmen in Gang – trotz der offensichtlichen Krise, in der viele Unternehmen stecken. Die Anteilseigner des Gerling-Konzerns suchen seit Anfang 2002 erfolglos einen Käufer oder strategischen Partner. Dasselbe gilt für die stark angeschlagene Mannheimer. Große Deals der letzten Jahre, wie die Übernahme des Deutschen Herold durch die Zurich Financial Services, müssen ihre positive Wirkung erst noch beweisen.

Vor allzu optimistischen Erwartungen an Mergers & Acquisitions (M&A) in der Assekuranz indes warnt das Beratungsunternehmen McKinsey. „M&A ist nicht die Zauberformel für Strategie und Wertschöpfung“, heißt es in einer Studie der Consultants.

McKinsey hat weltweit mehr als 300 Versicherungsübernahmen und – zusammenschlüsse aus den Jahren 1990 bis 2001 auf ihre Wirkung für die Aktionäre untersucht. Ein ernüchterndes Ergebnis: M&A-Deals in der Assekuranz führen im Durchschnitt nur zu einem geringen Wertzuwachs für die Anteilseigner. Darüber hinaus ist das Bild sehr inhomogen. In 44 Prozent aller untersuchten Fälle kam es sogar zu einem kurzfristigen Wertverlust für die Aktionäre.

Die genaue Analyse der 237 größten Deals von börsennotierten Gesellschaften seit 1990 in den USA und Europa ergab folgendes Bild: Die Aktien von Versicherern, die andere Unternehmen übernommen haben, zeigten kurzfristig (also innerhalb von fünf Tagen nach der Bekanntgabe) eine im Durchschnitt um 1,6 Prozent bessere Performance als die jeweiligen Branchenindizes. Mittelfristig – also im Laufe eines Jahres – lagen die Werte der M&A-Firmen um 2,4 Prozent über dem Branchenschnitt. „Der Anteil von Deals mit positivem Ergebnis für die Aktionäre ist in der Assekuranz höher als in anderen Branchen“, erklärten die McKinsey-Experten Lars Jacob Bo, Mans Hulterström und Terje Pilskog.

Über den Erfolg oder Misserfolg entschied auch die Art des Deals. „Investoren fanden Übernahmen, mit denen ein Unternehmen sich geografisch ausdehnte oder neue Produktlinien erwarb, interessanter als Übernahmen, die im Interesse der Marktkonsolidierung durchgeführt wurden“, heißt es. Deals, mit denen Unternehmen ihre Fokussierung auf bestimmte Geschäftsfelder verstärkten, wurden ebenfalls mit höheren Aktienkursen belohnt. Dazu gehört der Kauf und der Verkauf von Beständen oder Unternehmensteilen. Die Übernahme von breit aufgestellten börsennotierten Unternehmen wurde dagegen von Investoren weniger unterstützt.

Dabei beobachtete McKinsey allerdings einen signifikanten Unterschied zwischen den USA und Europa. „Konsolidierungsmaßnahmen innerhalb des Marktes zeigten in den USA positive Reaktionen der Anleger, in Europa dagegen negative.“ Der Hauptgrund dafür: Die europäischen Märkte zeigen bereits einen höheren Konzentrationsgrad. Deshalb verlieren Unternehmen in Europa nach Zusammenschlüssen mehr Marktanteil, verglichen mit den vorher bestehenden unabhängigen Gruppen, als Unternehmen in ähnlichen Konstellationen in den USA. Dazu kommt: Für Konsolidierungsdeals müssen die übernehmenden Gesellschaften eine deutlich höhere Prämie auf den Unternehmenswert zahlen als für andere Übernahmen.

Ursprünglich hatte McKinsey auch die Wirkung von Bancassurance-Deals zwischen Versicherern und Banken untersuchen wollen. „Die geringe Zahl der Deals erlaubte aber keine statistisch gesicherten Aussagen“, sagte McKinsey-Partner Oliver Bäte.

Die McKinsey-Studie zeigt, dass die Volumen von M&A-Aktivitäten in der Assekuranz sehr stark schwanken und direkt von der Entwicklung der Börsenkurse von Versicherungsaktien abhängen. In der ersten Hälfte der 90er Jahre war die M&A-Welle flach – mit einem durchschnittlichen Deal-Gesamtvolumen von 7 Mrd. $ im Jahr. Dann aber ging es Schlag auf Schlag. 1998 erreichte die Bewegung mit 174 Mrd. $ ihren Höhepunkt.

Nicht alle Fusionen waren erfolgreich. Die McKinsey-Berater nennen eine Reihe von Voraussetzungen für gelungene Übernahmen und Zusammenschlüsse. „Die strategische Logik eines jeden Deals ist von größter Bedeutung“, heißt es. „Attraktive Gelegenheiten sind knapp.“ Unternehmen sollten sich genauestens um den Zeitpunkt und die Ausführung eines Deals kümmern, um Übernahmezuschläge so klein wie möglich zu halten und Anlegern positive Signale zu senden.

Investitionen in einen „gründlichen Integrationsprozess“ seien ebenso nötig wie die Aufrechterhaltung striktester Disziplin bei der Umsetzung – sonst steht das Vertrauen der Märkte auf dem Spiel. „Sie strafen Unternehmen sehr rasch ab, die ihre Disziplin verlieren.“

Zitat:

„M&A ist nicht die Zauberformel für Strategie und Wertschöpfung“ – McKinsey-Studie.

Quelle: Financial Times Deutschland

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