Arbeitslose dürfen Vorsorge behalten

Berlin will Vermögensfreibeträge erhöhen · Anderenfalls droht Versicherern Einbuße

Von Ilse Schlingensiepen, Köln Die Lebensversicherer können aufatmen. Die aktuellen Regeln zur Arbeitslosenhilfe, die der privaten Altersvorsorge zuwiderlaufen, werden bei der geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen-und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II revidiert. „Wir werden das Ansparen eines Altersvorsorge-Vermögens bis zu einer bestimmten Grenze ermöglichen“, sagte die arbeitsmarkt-und sozialpolitische Sprecherin der Grünen Thea Dückert der FTD.

Seit In-Kraft-treten des so genannten Hartz-I-Gesetzes Anfang des Jahres haben sich die Bedingungen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe verschärft. Der Vermögensfreibetrag, das maximal erlaubte Vermögen eines Erwerbslosen, wurde von 520 Euro auf 200 Euro je Lebensjahr gesenkt. Wer mehr besitzt, hat keinen Anspruch. Auf den Freibetrag angerechnet werden alle Geldanlagen wie Sparverträge oder kapitalbildende Lebensversicherungen. Sie müssen verkauft und der Erlös muss aufgebraucht werden, bevor das Arbeitsamt zahlt. Ausgenommen sind Riester-Renten und Wohneigentum.

Bliebe es dabei, drohte den Lebensversicherern ein spürbarer Geschäftsrückgang. Denn wird erst einmal bekannt, dass der Besitz einer Lebensversicherung dem Bezug von Arbeitslosenhilfe entgegensteht, verliert das Produkt für viele Kunden an Attraktivität.

„Diese Regelung hat einen negativen Effekt auf die verschiedenen Formen der privaten Altersvorsorge“, ist Peter Schwark überzeugt. Er leitet die Abteilung Sozialpolitik beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Es ergebe keinen Sinn, die Menschen verstärkt zur Eigeninitiative bei der Altersversorgung zu motivieren, sie aber für genau diese Eigeninitiative bei der Gewährung staatlicher Leistungen quasi zu bestrafen. „Mit der Vorsorge wird schließlich auch sichergestellt, dass die Menschen als Rentner nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind.“

In Gesprächen mit Vertretern der Regierungsfraktionen will der GDV jetzt auf angemessene Höchstgrenzen für die Anlagen zur privaten Altersvorsorge dringen. Ein abschließendes Konzept hat der Verband noch nicht entwickelt. Klar sei allerdings, dass der Vermögensfreibetrag von 200 Euro pro Lebensjahr „sehr deutlich“ angehoben werden muss. „Unter 1000 Euro braucht man gar nicht erst anzufangen“, sagte Schwark. Denkbar sei etwa ein Betrag von 2000 Euro pro Jahr ab dem 15. Lebensjahr, ergänzt durch eine Härtefallregelung. „Man muss auch prüfen, welche Form der Altersvorsorge besonders geschützt wird.“

Auch die Politik ist mit dem derzeitigen Zustand nicht glücklich. Bei der Gestaltung des Hartz-I-Gesetzes sei es nicht gelungen, rechtzeitig auch die Berücksichtigung der privaten Altersvorsorge zu regeln, berichtete Dückert von den Grünen. Zwar seien die Vermögensfreibeträge für diesen Zweck gedacht, sie seien aber zu niedrig, räumte sie ein. Schon bei der Fertigstellung des Gesetzes hätten die Koalitionsfraktionen den Antrag gestellt, beim Arbeitslosengeld II die Vorgaben neu zu gestalten. „Gerade für die Bezieher kleiner Einkommen müssen wir eine Regelung für die Altersversorgung finden“, sagte sie. Das nehme man jetzt in Angriff.

Wer sein Geld fürs Alter angelegt hat und noch in diesem Jahr Arbeitslosenhilfe bezieht, hat Pech gehabt. Er muss das Ersparte verbrauchen und Verluste in Kauf nehmen. „Noch ist nicht klar, welche Auswirkungen das auf die Lebensversicherungsbranche hat“, sagte GDV-Experte Schwark. Den Verkauf von Policen hat die Thematik nach den Erfahrungen des Marktführers Allianz Leben und der Hamburg-Mannheimer noch nicht beeinträchtigt.

Quelle: Financial Times Deutschland

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