Schlechte Bonitätsbewertung gefährdet Industriegeschäft
Ohne eine rasche Verbesserung ihres schlechten „BB+“-Ratings wird die Gerling Allgemeine zum Jahresende „einen spürbaren Teil des Industriegeschäfts“ verlieren. „Unsere ganzen Anstrengungen gelten somit derzeit der kurzfristigen Verbesserung unseres Standard-&-Poor’s-Ratings“, sagte Vorstandschef Wolfgang Breuer auf der Hauptversammlung des Unternehmens gestern in Köln.
„Die Gerling Allgemeine ist die einzige börsennotierte Gesellschaft des angeschlagenen Gerling-Konzerns. Rund fünf Prozent des Kapitals sind nicht im Besitz der Konzernholding, die ihrerseits von Rolf Gerling mit 94 Prozent und Joachim Theye mit sechs Prozent kontrolliert wird.
Bereits jetzt lasse sich in einigen Auslandsmärkten feststellen, dass Gerling wegen des „BB“-Ratings Geschäft abgeben müsse, sagte Breuer.
Das Rating zeigt die finanzielle Stärke eines Unternehmens. Wenn Versicherungseinkäufer und Finanzvorstände der Industrie sowie Makler trotz eines schlechten Ratings Geschäft bei Gerling platzieren, gehen sie ein hohes Risiko ein. Kann der Versicherer bei einem Großschaden nicht zahlen, werden sie zur Rechenschaft gezogen.
Für die Gerling Allgemeine wird sich nach Ansicht von Branchenkreisen schon in wenigen Wochen die Überlebensfrage stellen: Zum 1. Oktober wird die prestigeträchtige Deckung des Siemens-Konzerns verlängert. Bisher führt Gerling das Konsortium von Versicherern an. Mit einem „BB“-Rating dürfte die Gruppe darauf künftig keine Chance mehr haben, so die Branchenkreise.
Breuer sagte, die Herabstufung von „A“ auf „BB+“ sei von Standard & Poor’s wegen der Probleme des Gesamtkonzerns vorgenommen worden. Die Gerling Allgemeine erwägt, von Aktionären die Volleinzahlung der bisher nur teileingezahlten Aktien zu verlangen, wenn dies das angeschlagene Rating der Gesellschaft verbessert. „Wir sind mit Standard & Poor’s im Gespräch darüber“, berichtete Breuer.
Der größte Kleinaktionär der Gerling Allgemeine, Reinhard Onnasch, kündigte bei der Hauptversammlung eine Klage gegen die Vorstände des Unternehmens an. Er wirft ihnen vor, die Geschäftsbeziehung zur mittlerweile in Abwicklung befindlichen Gerling Globale Rück zu lange aufrecht erhalten zu haben. Die erforderlichen Abschreibungen von 112 Mio. Euro auf Forderungen der Allgemeine an die Rück hätten vermieden werden können, sagte er. Konzernchef Björn Jansli wies die Vorwürfe zurück: „Wir haben sofort alle vertraglichen Beziehungen abgebrochen, als dies möglich war.“
Anja Krüger und Herbert Fromme
Quelle: Financial Times Deutschland
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