Länder dringen auf Zwangsversicherung

Betriebe und Privatleute sollen sich gegen Katastrophenfolgen abdecken

Von Ilse Schlingensiepen und Herbert Fromme, Köln Die Finanzminister der Länder dringen auf die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Schäden aus Naturkatastrophen. Auf ihrer gestrigen Sitzung fassten die Minister mit großer Mehrheit einen entsprechenden Beschluss. Demnach soll die Versicherungspflicht sowohl für Privatleute als auch für Betriebe gelten. Der Staat soll bei extremen Katastrophen Schäden übernehmen, die 12 Mrd. bis 15 Mrd. Euro überschreiten.

Mit der Zwangsdeckung wollen die Länderfinanzminister dafür sorgen, dass die öffentlichen Haushalte bei Naturkatastrophen wie Hochwasser, Erdbeben oder Sturm nicht länger Milliardenbelastungen fürchten müssen.

Das war nach der Flut im Sommer 2002 der Fall, als Bundeskanzler Gerhard Schröder allen Geschädigten staatliche Hilfe versprochen hatte. Nach Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kostete die Flut die Versicherer rund 2 Mrd. Euro, die Gesamtschäden werden auf mindestens das Fünffache beziffert.

Da die Häufigkeit derartiger Naturereignisse zunimmt, sehen die Finanzminister dringenden Handlungsbedarf. Den Antrag auf der Konferenz eingebracht hatte Hamburg. Das kommt nicht von ungefähr: Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) war lange Jahre Chef der Gothaer Versicherung und kennt sich in der Materie bestens aus.

Die Versicherungsbranche sieht die Versicherungspflicht für so genannte Elementarschäden skeptisch. Sie hat sich lange gegen ihre Einführung gesträubt. Nach der Flut 2002 war sie aber zu Gesprächen mit der Politik bereit: Der GDV beteiligt sich an einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich unter Federführung des Bundesjustizministeriums mit dem Thema befasst. Die Arbeitsgruppe prüft unter anderem die Verfassungskonformität einer solchen Pflichtversicherung. Ergebnisse will sie aber erst Ende des Jahres vorlegen. Jetzt machen die Finanzminister Druck für eine schnellere Lösung.

Die Versicherer haben immer betont, dass sie sich an einer Lösung beteiligen werden, wenn die Politik sie fordert. Unabdingbare Voraussetzung ist, dass der Staat in einem solchen Modell als Rückversicherer für Größtschäden fungiert – ähnlich wie beim Terrorversicherer Extremus.

Nach den Vorstellungen der Länder soll die neue Elementarschäden-Deckung möglichst alle Risiken umfassen. Sie soll nicht nur für Betriebe und Hausbesitzer verpflichtend sein, sondern auch für alle Mieter, die ihren Hausrat versichern müssen. „Nur eine breite Basis ermöglicht es, die Prämien niedrig zu halten“, sagte ein Finanzpolitiker gestern.

Schätzungen zufolge würden die Versicherer mit der Pflichtdeckung ein jährliches Prämienvolumen von 2 Mrd. bis 3 Mrd. Euro erzielen. Eine zusätzliche Gewinnquelle soll die neue Versicherung für die Unternehmen nach den Vorstellungen der Finanzminister ausdrücklich nicht werden.

Zitat:

„Nur eine breite Basis ermöglicht es, die Prämien niedrig zu halten“ – Finanzpolitiker.

Quelle: Financial Times Deutschland

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