Verband fordert, Milliardenerleichterung auch für 2001 und 2002 gelten zu lassen · Gewinnbeteiligung sinkt erneut

Von Herbert Fromme, Berlin Die Assekuranz hält die durch hohe Verluste an den Börsen entstandene Krise der Branche für weitgehend überwunden. Voraussetzung sei allerdings eine weitere Änderung der Steuergesetzgebung, sagte Bernd Michaels, Präsident des Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), gestern in Berlin. „Die Versicherungswirtschaft wird bei vernünftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen die Börsenkrise bewältigen, sie ist nicht in ihrer Funktionsfähigkeit getroffen, auch wenn die Lage zweifellos noch angespannt ist.“

Die Lebensversicherer haben insgesamt 104 Mrd. Euro an der Börse verloren, mehr als 50 Mrd. Euro allein 2002. Davon wurden Verluste von 16 Mrd. Euro in das Jahr 2003 verschoben, die in den Bilanzen für das laufende Jahr verarbeitet werden müssen. Unter der Last brach im Sommer die Mannheimer Lebensversicherung zusammen. Die für Lebens- und Krankenversicherer ungünstigen Steuerregeln, die Verluste nochmals belasten, hätten die Branche allein 2003 zusätzlich mehr als 5 Mrd. Euro an Sondersteuern gekostet. Jetzt verlangt die Assekuranz eine Ausweitung auf die Vorjahre, die nach Berechnungen des Finanzministeriums noch einmal mit 2 Mrd. Euro zu Buche schlagen dürfte.EuroEuro

Michaels machte Druck in Richtung Politik: Die vom Bundestag rückwirkend für 2003 beschlossene Neuregelung der Besteuerung von Aktiengewinnen oder -verlusten müsse auch für 2001 und 2002 gelten. Anderenfalls bleibe ein „schwerer Systemfehler“ für diese Jahre bestehen, während er für 2003 und die folgenden Jahre beseitigt würde. Michaels mahnte eine Änderung der vom Bundesrat abgelehnten Regelung im Vermittlungsverfahren an.

„Verweigert sich der Gesetzgeber, greift er unmittelbar in den Wettbewerb der Unternehmen ein“, sagte Michaels. Unternehmen, die 2001 und 2002 Abschreibungen vorgenommen hätten, würden benachteiligt, wer Aktienverluste in das Jahr 2003 verschoben habe, bevorzugt. Die steuerliche Belastung treffe ohnehin die Kunden.

Michaels sagte, er erwarte keine weiteren Fälle für die Auffanggesellschaft Protektor, die derzeit die Verträge der kollabierten Mannheimer Leben übernimmt. Allerdings werde das Ergebnis 2003 für die einzelnen Versicherer je nach Erfolg der Kapitalanlagepolitik sehr unterschiedlich ausfallen. „Bis zur Veröffentlichung der Bilanzen im Frühjahr 2004 kann man keine abschließende Aussage zur Finanzlage der Versicherungsunternehmen treffen.“

Die Lebensversicherer werden auf jeden Fall die Gewinnbeteiligung für ihre Kunden weiter senken. Sie betrug für das Jahr 2003 durchschnittlich 4,6 Prozent auf den als Sparkapital angelegten Teil der Prämie. „Die Überschussbeteiligung muss noch einmal moderat absinken“, sagte Michaels. Die von den Unternehmen zugesagte Verzinsung werde im Schnitt 4 bis 4,5 Prozent betragen. Die Absenkung sei nichts weiter als die Anpassung an das Kapitalmarktniveau. „Das ist ein normaler Vorgang.“

Der GDV glaubt nicht an die Gefahr einer neuen Krise für die Versicherer durch den Zinsanstieg. Die Gesellschaften haben mehr als 80 Prozent ihrer Kapitalanlagen – die insgesamt mit 615 Mrd. Euro in den Büchern stehen – in festverzinslichen Wertpapieren oder Darlehen investiert. Bei steigenden Zinsen verlieren die zu niedrigen Zinsen angelegten Papiere an Wert. Das Problem sei mit der Börsensituation nicht vergleichbar, weil die Unternehmen bei festverzinslichen Papieren mehr Gestaltungsmöglichkeiten hätten.

Widerstand kündigte die Branche gegen die geplante Besteuerung der Erträge aus Kapitallebensversicherungen an. „Wir mahnen ganz dringlich, von dieser Besteuerung abzusehen“, sagte Michaels. Anderenfalls gehe das Vertrauen in die Lebensversicherung verloren, die das wichtigste Element der privaten Altersvorsorge sei. Michaels wird heute aus seinem Amt verabschiedet. Als Chef der Provinzial Düsseldorf war er bereits Anfang 2002 in den Ruhestand getreten. Neuer GDV-Präsident soll Bernhard Schareck werden. Er ist Chef der Münchener-Rück-Tochter Karlsruher Versicherungsgruppe.

Zitat:

„Die Überschussbeteiligung muss noch einmal sinken“ – GDV-Chef Michaels

Bild(er):

GDV-Präsident Bernd Michaels. Der frühere Chef der Provinzial Düsseldorf macht Platz für seinen Nachfolger, Bernhard Schareck von der Münchener-Rück-Tochter Karlsruher Versicherungsgruppe – Jardai/modusphoto.com

Quelle: Financial Times Deutschland

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