Konzerne müssen sich auf drastische Steigerungen einstellen · Versicherer schließen immer mehr Gefahren aus

Von Anja Krüger, Hamburg Deutschen Großunternehmen droht ein drastischer Preisanstieg der Berufshaftpflicht für ihre Manager. Das gelte vor allem für Aktiengesellschaften, deren Titel auf dem US-Markt gehandelt werden, argumentierten Spezialisten der Versicherungswirtschaft auf einer Fachkonferenz in Hamburg. Die Kosten für die Absicherung der Führungscrew mittlerer und kleinerer Betriebe dürften dagegen nur moderat steigen – allerdings schließen die Versicherer mehr und mehr Risiken aus den Policen aus. Mit der „Director’s and Officer’s“-Police (D&O) sichern Unternehmen ihr Führungspersonal gegen Ansprüche ab, die aus ihrer beruflichen Tätigkeit erhoben werden können. Größter Anbieter in der Bundesrepublik ist AIG, gefolgt von der Allianz sowie Chubb.

„Der D&O-Markt in Deutschland ist sehr instabil“, sagte Joachim Albers, der die D&O-Abteilung bei der Allianz Global Risks leitet. Der gesamte Markt hat nur ein Prämienvolumen von 300 Mio. Euro. Zum Vergleich: In den USA beträgt das Prämienvolumen 4 Mrd. bis 5 Mrd. $.

Trotzdem gibt es auch in Deutschland einzelne Verträge mit Versicherungssummen, die über 300 Mio. Euro liegen. „Ein Großschaden kann den deutschen Markt ins Wanken bringen“, sagte Allianz-Mann Albers. Die Kapazitäten für Großunternehmen seien nach wie vor nicht ausreichend. „Die Versicherungswirtschaft drängt ins mittlere Segment.“ Die Gesellschaften glauben, dass dort weniger schwere Risiken lauern.

Der Preis einer D&O-Versicherung hängt von der Größe des Unternehmens ab. Pro 1 Mio. Euro Versicherungsschutz zahlen mittlere Unternehmen etwa 6000 Euro, berichtete Albers. Für Großunternehmen, die ein Vielfaches dieser Preise zahlen müssen, werden die Verträge immer individuell abgestimmt. „Absolute Spitzenrisiken kommen durchaus auf 300 000 Euro pro 1 Mio. Euro Deckung“, sagte Michael Rieger-Goroncy von Ace Insurance.

Auch die Rückversicherer gehen davon aus, dass sich die Absicherung von Großrisiken erheblich verteuert. „Die Preise sind noch nicht da, wo sie sein müssen“, sagte Urs Baumeister, D&O-Experte beim weltweit zweitgrößten Rückversicherer Swiss Re. Er rechnet mit Preissteigerungen von 100 bis 500 Prozent für Großrisiken.

„Es könnte sein, dass hier von Seiten der Rückversicherer Druck entsteht“, sagte Baumeister. Im gewerblichen Bereich werden sich die Policen nach seiner Einschätzung um zehn bis 30 Prozent verteuern.

Hinzu kommt, dass die Versicherer immer mehr Gefahren aus den Policen ausschließen. „Die Ausschlüsse nehmen inzwischen ein solches Ausmaß an, dass von der eigentlichen Deckung kaum etwas übrig bleibt“, sagte Horst Ihlas vom Großmakler Marsh. Am teuersten sind die Policen für deutsche Gesellschaften, deren Aktien in den USA gehandelt werden. Die Versicherer fürchten die in den USA oft erfolgreichen Aktionärsklagen. „Deutsche Unternehmen sind durchaus von diesem Risiko betroffen“, sagte Albers von Allianz Global Risks. Diese leidvolle Erfahrung mussten bereits DaimlerChrysler, die Deutsche Telekom sowie die Deutsche Bank machen.

Albers zufolge ist für viele Versicherer noch nicht klar, ob D&O überhaupt ein profitables Geschäft ist. Möglicherweise würden sich Marktteilnehmer zurückziehen und damit die Kapazität verknappen. „Wir selber sind nicht tief in den roten Zahlen, aber andere“, sagte Albers. Namen wollte er nicht nennen.

Marktstatistiken über die Entwicklung der Schäden in der D&O-Versicherung existieren nicht. Fest steht aber, dass die Zahl der Schäden weltweit und in Deutschland stark steigt. „Sie nehmen im Jahr um 50 Prozent zu“, schätzt Swiss-Re-Manager Baumeister. Zu den Sorgenkindern der D&O-Versicherer gehören ausgerechnet die Finanzdienstleister. Sie sind besonders anfällig für politische Veränderungen und werden von den Aufsichtsbehörden nach der Kapitalmarktkrise stärker als früher ins Auge genommen. „Wir analysieren im Moment die Lage“, sagte Baumeister.

Zitat:

„Der D&O-Markt in Deutschland ist sehr instabil“ – Joachim Albers, Allianz Global Risks

Bild(er):

Belieferung einer Lufthansa-Maschine durch den Flug-cateringspezialisten LSG Sky Chefs. Deren Ex-Manager sollen bei der Expansion in Skandinavien den Konzern zu ungünstigen Bedingungen gebunden haben – Lufthansa

Quelle: Financial Times Deutschland

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