Nicht alle Versicherer über Steuersieg erfreut

Beibehaltung des Privilegs für Lebensversicherer gilt als wahrscheinlich · Sorge um Zementierung der Garantien

Von Herbert Fromme, Köln, und Birgit Marschall, Berlin Die Versicherungswirtschaft steht vor einem weiteren großen Erfolg in Berlin. Die von Finanzminister Hans Eichel geplante und vom Kabinett bereits beschlossene Abschaffung der Steuerfreiheit für Erträge aus Lebensversicherungen steht auf der Kippe. Erst im Dezember hatte die Versicherungswirtschaft erreicht, dass die Regeln für die steuerliche Behandlung von Aktiengewinnen und Verlusten zu ihren Gunsten geändert werden.

Sollte sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erneut durchsetzen, würden Kunden weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen die Erträge steuerfrei kassieren – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Altersvorsorgeprodukten. So konnte die Branche bisher die mit hohen Vertriebskosten beladene Lebensversicherung gut verkaufen.

In der Assekuranz stößt der mögliche GDV-Erfolg aber nicht nur auf Zustimmung. „Die kleineren Gesellschaften haben sich durchgesetzt“, sagte ein Vorstandsmitglied eines bedeutenden Unternehmens der FTD. Er wolle nicht namentlich genannt werden. „Die Regelung zementiert die klassische deutsche Lebensversicherung mit ihren vergleichsweise hohen Zinsgarantie.“ Die vom Finanzministerium festgesetzte Höchstgarantie beträgt 2,75 Prozent auf den Sparanteil der Prämien, bis zum 1. Januar waren es 3 Prozent. Die Garantien gelten für die gesamte Laufzeit einer Police – bei Rentenversicherungen also auch für die Auszahlungsphase. Das können 30 bis 60 Jahre sein.

„Die größeren Gesellschaften haben Produkte in der Entwicklung, die auch ohne Garantie funktionieren“, sagte der Versicherungsvorstand weiter. Die Kleineren könnten dabei nicht mithalten und setzten voll auf den Erhalt der bisherigen Strukturen.

Die klassische Lebensversicherung mit Garantie ist bei manchen Gesellschaften angesichts der Niedrigzinsphase und der Aktienkrise unter Beschuss geraten. Vor allem große Konzerne finden, dass sie im internationalen Vergleich mit der deutschen Lebensversicherung zu wenig verdienen und hohe Risiken eingehen. So hatte Münchener-Rück-Vorstand Nikolaus von Bomhard eine Überprüfung der Produktstruktur bei der Tochter Ergo angekündigt.

Die Beibehaltung des Steuerprivilegs für die Erträge aus Lebensversicherungen gilt in Berlin als wahrscheinlich. Nur Steuervorteile bei den Beitragszahlungen werden wohl fallen, sie können bisher als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Damit würde ein zentraler Pfeiler der Eichelschen Pläne für die Alterseinkünfte durchlöchert, die so genannte nachgelagerte Besteuerung.

„Wir möchten das Alterseinkünftegesetz ohne ein Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat über die Bühne bringen“, kündigte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Christine Scheel, an. Die Unionsmehrheit im Bundesrat lehnt die Pläne der Regierung ab, das Steuerprivileg von Kapitallebensversicherungen ab 2005 generell abzuschaffen. Die Union sei der Meinung, dass die völlige Streichung des Steuerprivilegs im Gegensatz zur „Kultur der Altersvorsorge“ stehe, sagte sie. „Auf diese Bedenken müssen wir eingehen und Kompromisse mit der Union finden“, sagte Scheel, die Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses ist.

Der Bundesrat habe in einer Entschließung Wege für einen solchen Kompromiss angedeutet, so Scheel. So sollten Policen, die allein der Altersvorsorge dienen, gegenüber Verträgen bevorzugt werden, die lediglich aus steuerlichen Gründen abgeschlossen werden. „Zu prüfen ist in der Tat, ob wir nicht das Steuerprivileg an Versicherungen knüpfen, die erst im Rentenalter ausgezahlt werden sollen“, sagte Scheel. „Ich erwarte, dass die unionsgeführten Länder dazu bald Vorschläge unterbreiten.“

Auch aus der SPD-Fraktion waren versöhnlichere Töne zu hören. „Wir müssen sachgerechte Lösungen finden, die im Bundestag und im Bundesrat mit Mehrheit getragen werden“, hieß es in SPD-Kreisen. Das Finanzministerium hatte eine Abkehr vom Kabinettsbeschluss bisher strikt abgelehnt. Aber jetzt hieß es dort fast resignierend, dass ohne den Bundesrat das Gesetz nicht machbar sei und Kompromisse nötig seien.

Zitat:

„Wir müssen Kompromisse mit der Union finden“ – Grünen-Politikerin Christine Scheel

Bild(er):

Finanzminister Hans Eichel am 12. Februar im Bundestag. Seine Pläne zur Besteuerung von Lebensversicherungen stehen auf der Kippe – AP/Franka Bruns

Quelle: Financial Times Deutschland

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