VW baut Versicherungsgeschäft aus

Finanztochter spricht mit Allianz über Joint Venture · Autokonzern will an Assekuranz-Erträgen teilhaben

Von Rolf Lebert, Frankfurt, und Herbert Fromme, Köln VW Financial Services (VWFS), der Finanzdienstleister des Volkswagen-Konzerns, will das Versicherungsgeschäft forcieren. Zu den Möglichkeiten, die VWFS-Chef Burkhard Breiing gegenwärtig mit dem Versicherungspartner Allianz diskutiert, gehört der Einstieg des Konzerns in die Autoversicherung, möglicherweise in einem Joint Venture mit der Allianz.

Die deutschen Autoversicherer haben in den vergangenen beiden Jahren ihre Ergebnisse deutlich verbessert und 2003 hohe Gewinne erzielt – das ist einer der Gründe für den VW-Vorstoß. Mit 22,4 Mrd. Euro Prämieneinnahmen jährlich ist die Autosparte die drittgrößte Versicherungssparte in Deutschland. Außerdem gilt die Autodeckung, die jeder Pkw-Besitzer abschließen muss, als Türöffner für den Verkauf anderer Policen.

„Wir wollen weg von dem reinen Courtagegeschäft“, sagte Breiing in Frankfurt. „Wir sind interessiert an einer Konstruktion, von der Hersteller, Handel und Finanzdienstleister gleichermaßen profitieren.“ Die gegenwärtige Situation sei unbefriedigend, sagte Breiing. Während VWFS zwischen 60 und 65 Prozent der im Inland verkauften Fahrzeuge des VW-Konzerns finanziert, liegt die „Penetrationsrate“ im Versicherungsgeschäft nur bei 27 Prozent. Auch an Produktgestaltung und Kalkulation beim Vertragspartner Allianz fühlt sich VWFS nicht ausreichend beteiligt.

Eine maßgebliche Komponente in der Ertragskalkulation von Versicherungen sind die Kapitalerträge aus den für Schadensfälle zu bildenden Reserven. Auch darauf will VWFS nach Breiings Angaben künftig Einfluss nehmen. Das würde bedeuten, dass die Gruppe auch entsprechende Risiken in die eigenen Bücher nimmt – also als Versicherer auftritt.

Mit der Allianz arbeitet VWFS seit mehr als 50 Jahren beim Verkauf von Kfz-Policen zusammen. Rund eine Million Fahrzeuge sind über die VWFS bei der Allianz versichert – mehr als elf Prozent ihres Gesamtbestandes. Die Allianz hat auch Verträge mit anderen Herstellern.

Der VWFS fungiert bisher weitgehend als Makler, nur bei der Abwicklung von Kaskoschäden ist eine Tochtergesellschaft im Auftrag der Allianz tätig.

„Das ist ein reines Provisionsgeschäft, wir haben weder einen Einfluss auf die Prämien noch die Produkte“, sagte Breiing. Das soll sich ändern: Die Prämiengestaltung der Allianz ist nach Breiings Worten nicht deckungsgleich mit den Bedürfnissen des Herstellers. Sie enthält zahlreiche Kriterien, die für VWFS zweitrangig sind. Zudem ist in den Versicherungsverträgen nicht festgelegt, dass ein Fahrzeug im Schadensfall von einem Vertragshändler repariert und dabei Original-Ersatzteile verwendet werden sollten. Bei anderen Herstellern und ihren Versicherungspartnern ist das längst der Fall. Ford-Kunden, die bei der Nürnberger versichert sind, sparen die Hälfte des Selbstbehalts bei Schäden am eigenen Fahrzeug, wenn sie eine Vertragswerkstatt beauftragen.

VWFS möchte die Probleme nach Möglichkeit im Einvernehmen mit der Allianz lösen. „Wir wollen keine Drohkulisse aufbauen und unseren langjährigen Vertragspartner nicht unter Druck setzen“, sagte Breiing. Gleichzeitig müsse dem VW-Konzern aber zugebilligt werden, dass er angesichts des Geschäftsvolumens, das er der Allianz zuführe, auch auf die Produkt- und Tarifgestaltung Einfluss nehmen könne.

Das Versicherungsgeschäft sei von immenser strategischer Bedeutung für den gesamten Konzern, sagte Breiing. Die Wichtigkeit illustriert ein Blick auf die Profitabilität der europäischen Automobilindustrie entlang der Wertschöpfungskette. Nach VW-Daten und Schätzungen der Investmentbank CSFB werden fast zwei Drittel des Ertrags beim Autoverkauf durch Finanzierung, Versicherung und Dienstleistungen nach dem Verkauf des Autos vom Konzern an den Händler erzielt. Dabei entfallen auf das Versicherungsgeschäft 15 Prozent und das Service- und Ersatzteilgeschäft 17 Prozent, also wesentlich mehr als auf die eigentliche Finanzierung, die einen Anteil zum Ertrag von lediglich neun Prozent beisteuert.

Bild(er):

Glimpflich ging dieser Unfall eines VW Polo aus. Der Schaden dürfte sich in Grenzen halten. Der Konzern will künftig an der Versicherung mitverdienen – Sven Simon

Quelle: Financial Times Deutschland

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