„Für jeden etwas“ ist unprofessionell

Durchdachtes und gezieltes Engagement gilt mehr als das Gießkannenprinzip

Seit 1. September zahlen Kinder und Jugendliche in Hamburger Museen keinen Eintritt mehr. Kunst, Geschichte oder Technik können sie jetzt umsonst erleben – die Museen hoffen so auf höhere Besucherzahlen. Möglich wurde die Aktion durch die finanzielle Unterstützung des Hamburger Fondshauses HCI Capital. „Wenn wir Geld verdienen, wollen wir auch etwas zurückgeben“, sagt Vorstandsvorsitzender Harald Christ. Drei Jahre lang bezuschusst er das Projekt mit jeweils 120 000 Euro.

Geld für die örtliche Kunstszene, einen Bolzplatz oder das Kinderkrankenhaus nebenan haben viele Firmen schon immer gespendet. Heute läuft solche Unterstützung unter dem Schlagwort Corporate Citizenship (CC). Neu ist dabei vor allem der strategisch-systematische Ansatz.

Allzu häufig kam bislang bei der Auswahl der Projekte das „CEO Wife Syndrome“ zum Tragen, erläutert Franz Wenzel, Geschäftsführer des Center for Corporate Citizenship in Ingolstadt: Eine Firma wollte „irgendetwas Gutes“ für das Gemeinwesen tun, und die Frau des Chefs erinnerte sich dann an ihr Steckenpferd, das man unterstützen könne.

„Die Idee von CC ist aber, mit dem Geld sinnvoll umzugehen und Projekte zu realisieren, die zu der Strategie des Unternehmens und zu seinen Kernkompetenzen passen“, sagt Wenzel. Wer Geld außerhalb der Wertschöpfung des Unternehmens in Sozialsponsoring investiert, muss sich besonders sorgfältig überlegen, wofür er es ausgibt.

Das hat auch HCI erkannt. Zwar habe man sich schon seit Jahren finanziell engagiert, aber das sei eine „Riesenverzettelung“ gewesen, gibt Christ zu. „Wir wollten endlich eine Strategie.“ Mittlerweile hat sich HCI mit Kindern, Kultur und Bildung drei Schwerpunkte für seine Förderung gesetzt. Dazu passen auch die weiteren Projekte wie der erste Stiftungslehrstuhl für Finanzvertriebslehre an der European Business School in Oestrich-Winkel oder das Sponsoring von Konzerten in der Hamburger Laeiszhalle.

Seit Oktober ist das Emissionshaus an der Börse notiert und muss damit den Aktionären Rechenschaft über seine Ausgaben ablegen. „In der AG muss ich sauber argumentieren können. Es ist ein Soft Fact, wenn ein Unternehmen im Markt wahrgenommen wird als eines, das sich kümmert“, sagt Christ. Das bestätigt Wenzel: „Die internationalen Kapitalmärkte sind ein Treiber von CC.“

Branchenmäßige Schwerpunkte sieht er bei der Telekommunikation und den Energieversorgern. „CC ist überall da schon besonders stark, wo etwas kompensiert werden muss.“ Beide Branchen würden naturgemäß viele Menschen ansprechen und bisweilen kritische Güter anbieten. Im Mittelstand sei CC im Aufwind, es fehlten aber noch Best-Practice-Modelle, die von Firmen auf ihr Geschäft übertragen werden könnten, beklagt Wenzel. „So etwas muss entwickelt werden.“

Die auf CSR spezialisierte Unternehmensberatung Systain sieht Corporate Volunteering als starken Trend innerhalb von CC. Dabei fördert eine Firma das Mitarbeiterengagement in Projekten – etwa, indem es sie zeitweise und voll bezahlt von der Arbeit freistellt. Ein Beispiel dafür sei der Chemie- und Kosmetikkonzern Henkel, der rund 600 so genannte Miteinander-im-Team-Projekte unterstützt, sagt Joachim Schlange von Systain. „Es geht darum, nicht nur Geld, sondern auch Know-how herüberzubringen.“

Zitat:

„Die Projekte müssen zur Strategie der Firma passen“ – Franz Wenzel,Center for Corporate Citizenship –

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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