Gothaer verweigert Kfz-Rabatte

Versicherer nimmt Prämienverlust in Kauf · Kleinere Akquisitionen sollen das Wachstum ankurbeln

Von Ilse Schlingensiepen, Köln Die Gothaer-Versicherungsgruppe steigt aus dem Preiskampf in der Autoversicherung aus. „Versicherungsverträge, die Volumen bringen, aber keinen Ertrag, werden von uns nicht mehr akzeptiert“, sagte gestern der Vorstandsvorsitzende Werner Görg. Die Gothaer habe in der Autoversicherung marktfähige Produkte, ihre Tarife würden aber zum Teil durch Konkurrenten mit „Beliebigkeitsrabatten“ unterboten. „Der Gothaer-Konzern geht darauf bewusst nicht ein und wird auch in Zukunft nicht darauf eingehen“, betonte er.

Mit der Gothaer stellt sich damit der erste größere Anbieter von Kfz-Versicherungen öffentlich gegen die seit Monaten tobende Preisschlacht in der Branche. Sollten andere Konzerne dem Beispiel folgen, könnten sich die Marktanteile in dem Segment deutlich zu Gunsten der Billiganbieter verschieben.

Die deutschen Kfz-Versicherer hatten infolge des über den Preis geführten Konkurrenzkampfs zwischen 1997 und 2002 versicherungstechnische Verluste eingefahren, allerdings durch Kapitalerträge insgesamt schwarze Zahlen geschrieben. Nach heftigen Preiserhöhungen kehrte zunächst Ruhe ein, die Branche verdiente 2004 hervorragend und auch 2005 noch gut. Marktführer Allianz läutete im September 2004 eine neue Runde im Preiskrieg ein, der im laufenden Jahr deutlich an Fahrt gewonnen hat. Für viele Unternehmen steht jetzt wieder der Marktanteil im Fokus.

Bei der Gothaer sei das anders, behauptet Görg. „Wir werden von dem Pfad der Ertragsorientierung kein Jota abweichen“, sagte er. In der Autoversicherung, in der die Gothaer zu den 20 größten Anbietern zählt, macht sich diese Strategie bereits bemerkbar. Nach Görgs Angaben wird die Gruppe 2005 in diesem Segment voraussichtlich 30 Mio.Euro an Prämien weniger einnehmen als noch 2004, als sie auf 371 Mio. Euro kam.

Für den gesamten Konzern erwartet Görg für das laufende Jahr Prämieneinnahmen von 3,8 Mrd. Euro, ein Rückgang um 6,5 Prozent. Gründe seien zum einen die Aufgabe des Rückversicherungsgeschäfts, zum anderen der Verzicht auf verlustbringende Verträge, erklärte er.

Kompensiert werden konnte dies zum Teil durch Übernahmen. Im Sommer etwa hat die Gothaer auch die MLP Versicherung übernommen, die jetzt als Janitos firmiert. An weiteren Zukäufen sei die Gruppe interessiert, sagte der Vorstandsvorsitzende – „wenn sie sich aus vertrieblichen oder finanzwirtschaftlichen Gründen als attraktiv erweisen“. Zu einem Bericht der FTD, die Gothaer sei an dem Berliner Spezialversicherer Darag interessiert, wollte er nicht Stellung nehmen.

Hoffnungen setzt Görg auch in die neue Kooperation mit der Debeka-Gruppe. Ihre Vertreter verkaufen Schaden- und Unfallversicherungspolicen der Gothaer Allgemeine im gewerblichen und industriellen Bereich. „Rund 750 Verträge haben wir hierüber bereits abgeschlossen.“

Der Direktversicherer Asstel, der bereits mit Tchibo und Ebay kooperiert, werde noch in diesem Jahr einen zusätzlichen prominenten Vertriebskanal bekannt geben, kündigte Görg an. Industrie- und Firmenkunden seien der am schnellsten wachsende Bereich. Die Gothaer konzentriert sich hier auf das kleinere und mittlere Segment, im Geschäft mit der Großindustrie ist sie nicht tätig. Das solle zunächst auch so bleiben, sagte Görg. Auch in der Industrieversicherung will die Kölner Gruppe an der restriktiven Zeichnungspolitik festhalten. „Es gibt keine Schleusen-auf-Politik.“ Für Segmente, in denen keine auskömmlichen Prämien zu erzielen sind, gebe es ein Zeichnungsverbot.

Bild(er):

Ein Fall für die Autoversicherung: In der Assekuranz tobt im Kfz-Bereich ein neuer Preiskrieg. Die Gothaer will sich daran nicht beteiligen – Caro/Bastian

Quelle: Financial Times Deutschland

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