Versicherer im Clinch mit Bausparkassen

Branchen zanken sich über Riester-Förderung für Immobilien · Assekuranz gegen Gleichstellung · Streit um Modelle

VON Herbert Fromme, Köln Um die staatliche Förderung von Wohneigentum ist zwischen den Bausparkassen und der Versicherungswirtschaft ein heftiger Streit entbrannt. Die Bausparkassen versuchen über ihre politischen Kanäle in Berlin zu erreichen, dass künftig auch Bausparer eine Riester-Zulage vom Staat erhalten. Allerdings soll der Zuschuss nur 80 Prozent der sonst gewährten Zulage betragen. „Das ist ein Ausgleich dafür, dass bei dieser Anlageform keine nachgelagerte Besteuerung stattfindet“, sagt Stefan Jokl, Abteilungsleiter beim Verband der privaten Bausparkassen in Berlin.

Die Versicherer dagegen sind gegen eine solche Förderung. „Das würde den Zweck der Riester-Rente und die Systematik auf den Kopf stellen“, heißt es in der Spitze des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Bausparkassen wollten hinten herum die Eigenheimzulage wieder einführen. Die Assekuranz will höchstens zugestehen, dass die Auszahlung ganz normaler Riester-Verträge bei Ablauf zur Tilgung eines Immobiliendarlehens verwendet werden darf – Immobilien- oder Bausparvertrag und Riester also nebeneinander herlaufen.

„Das ist absurd“, sagte Bausparfunktionär Jokl. „Bei dem Modell der Versicherer sparen die Kunden mit Riester möglichst bei einem Lebensversicherer mit rund drei Prozent Zinsen, gleichzeitig haben sie ein Baudarlehen mit fünf Prozent Zinsen.“ Bei dem Vorschlag des GDV handele es sich um einen „reinen Verteidigungsschritt der Versicherer, nach dem Motto: „Wir geben nichts ab vom Riester-Markt“.

Dieser Markt gewinnt für die Versicherungswirtschaft zunehmend an Bedeutung – spätestens nach dem Wegfall des Steuerprivilegs der Kapitallebensversicherung Anfang 2006. Doch jetzt entdecken auch Bausparkassen und die Immobilienwirtschaft das Feld: Eigentlich wollte die große Koalition die staatliche Förderung des Wohneigentums deutlich zusammenstreichen. Über Riester, so ihr Kalkül, könnte sich dieser Trend umkehren lassen. Die beiden haben dabei mächtige Verbündete, vor allem in der CDU/CSU-Fraktion. „Darlehensverträge für die selbst genutzte Wohnimmobilie müssen als eigenständige Produkte neben die bisher begünstigten Altersvorsorgeprodukte, die im Alter eine Geldrente vorsehen, treten“, verlangt Michael Meister, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU gibt es bereits die Zusage, „das selbst genutzte Wohneigentum zum 1. Januar 2007 besser in die geförderte Altersvorsorge (zu) integrieren“. Die Diskriminierung gegenüber anderen Formen der Altersvorsorge werde im Interesse einer echten Wahlfreiheit für die Bürger beseitigt, heißt es.

Die Riester-Rente wurde von der Bundesregierung 2001 eingeführt. Die staatliche Förderung sollte Bundesbürger dazu bringen, die effektive Reduzierung der gesetzlichen Rente durch private Vorsorge auszugleichen. Die Förderung beträgt für 2006 maximal 114 Euround steigt bis 2008 auf den Höchstbetrag von 154 Euro. Für jedes Kind zahlt die Regierung eine Kinderzulage von bis zu 138 Euro, die 2008 auf 185 Euro steigt. Außerdem können Sparer ihre Riester-Beiträge steuerlich als Sonderausgaben geltend machen. Als Ausgleich für die Förderung wird die Riester-Rente bei Auszahlung besteuert. Das angesparte Kapital wird in der Regel erst ab dem 60. Lebensjahr ausgezahlt, als lebenslange monatliche Rente. Höchstens 30 Prozent der Summe können bei Auszahlungsbeginn als Einmalzahlung verwendet werden.

Um diese Systematik mit dem Wohneigentum zusammenzubringen, hatten bereits im Januar die Spitzenverbände der Wohnungswirtschaft das so genannte Kanape-Modell vorgelegt – die Bildung eines „Kapitalstocks zur Kalkulation der Nachgelagerten Persönlichen Einkommensbesteuerung“. Das Modell sollte für alle Immobilienverträge gelten und die nachgelagerte Besteuerung mittels eines virtuellen Kapitalstocks garantieren. „Verwaltungsaufwändiges Überwachungs- und Besteuerungsinstrumentarium“, urteilten die Bausparkassen und konterten mit ihrem 80-Prozent-Modell mit dem Titel Sofa (Sofort ohne Finanzamt). Beides passt nicht zu Riester, argumentierten schließlich die Versicherer.

Deren Verbandschef Bernhard Schareck verkörpert die besondere Pikanterie des heftigen Streits: Er ist Vorstand bei der Wüstenrot & Württembergischen-Gruppe , zu der auch die Bausparkasse Wüstenrot gehört. Auch sonst schwelt der Konflikt quer durch die deutschen Allfinanzkonzerne. Das Bausparkassenmodell stammt von den Landesbausparkassen – die genauso wie die öffentlichen Versicherer zum Sparkassenlager gehören – und dem Verband der Privaten Bausparkassen. Dort finden sich Allianz Dresdner Bauspar, Alte Leipziger Bauspar, Debeka Bausparkasse, die AMB-Tochter Badenia, HUK Coburg Bauspar ebenso wie Signal Iduna Bauspar und Wüstenrot.

Zitat:

„Das Versicherermodell ist absurd“ – Stefan Jokl, Bausparverband –

Bild(er):

Vielleicht bald Riester-gefördert: Ein Zimmermann beim Aufbau eines Daches – Caro/Hoffmann

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit