Allianz dient Regierung Sonderopfer an

Privater Krankenversicherer geht vor entscheidender Reformrunde auf Gesundheitsministerin zu · Abgabe für PKV-Kunden

Von Herbert Fromme, Ilse Schlingensiepen, Köln,und Ulrike Sosalla, Berlin Der Allianz-Konzern hat der Bundesregierung einen eigenen Vorschlag unterbreitet, wie die privaten Krankenversicherer (PKV) sich an der Reform des Gesundheitswesens beteiligen könnten. Die Initiative löste einen handfesten Krach unter den Versicherern aus, denn er liegt in weiteren Teilen quer zu den Positionen des PKV-Verbandes. Die übrigen 48 der 49 Mitgliedsunternehmen distanzierten sich gestern in einer Erklärung „mit allergrößtem Nachdruck von den Vorschlägen“. Die Allianz Private Krankenversicherung (APKV) ist der drittgrößte Anbieter hinter Debeka und DKV.

Der Vorstoß der Allianz platzt in die entscheidende Phase der Verhandlungen über die Gesundheitsreform. Die Beteiligung der PKV an den finanziellen Lasten ist dabei einer der zentralen Streitpunkte zwischen SPD und Union. Der Allianz-Vorschlag ist Wasser auf die Mühlen der SPD. Sie will die PKV-Vollversicherung möglichst vollständig in die gesetzliche Krankenversicherung eingliedern.

In einem vom 27. Juni datierten Brief an Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) macht Ulrich Rumm, Vorstandschef der APKV, weitreichende Zugeständnisse. Rumm schlägt vor, auf die Beiträge zur privaten Krankenversicherung 9,5 Prozent Versicherungssteuer zu erheben. Dieses Sonderopfer beliefe sich auf 2,5 Mrd. Euro jährlich. Als Alternative dazu sieht Rumm die Erhöhung der direkten Steuern durch einen „Gesundheitssoli“.

In dem Brief schreibt Rumm weiter, dass die Tarife der PKV für bestehende Kunden geschlossen werden sollen. In einem neuen Schreiben korrigierte Rumm später, dieser Passus sei missverständlich. Es gehe nur ums Neugeschäft – Neuzugänge sollten mit einem Basistarif versichert werden, zu dem sie Zusatzleistungen zukaufen könnten. Dies ermögliche die Mitnahme von Alterungsrückstellungen innerhalb der PKV, allerdings kombiniert mit einem Annahmezwang für den Basisschutz.

Nach Rumms Vorschlag sollen in einem zweiten Schritt die gesetzlichen Krankenkassen auch einen Basistarif plus privaten Zusatzschutz anbieten, die Kapitaldeckung einführen und damit in echten Wettbewerb mit der PKV treten.

Der PKV-Verband reagierte empört. Auf einer Krisensitzung am Freitag diskutierte der Vorstand – ohne sein Mitglied Rumm – den Vorstoß. In seiner Erklärung stellt der Verband fest: „Die Allianz vertritt in ihrem Schreiben Positionen, die von keinem anderen Unternehmen der privaten Krankenversicherung geteilt werden.“ Bestrebungen, eine Bürgerversicherung einzuführen, lehne man entschieden ab. „Mich hat der Alleingang der Allianz sehr verwundert“, sagte Verbandsdirektor Volker Leienbach. Die Allianz verteidigte den Vorstoß. Der Versicherer wolle zeigen, dass er sich der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nicht entziehe, sagte ein Allianz-Sprecher.

Der Streit beleuchtet die unterschiedliche Interessenlage der PKV-Gesellschaften. Vor allem die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, bei denen die private Krankenversicherung ein Kerngeschäftsfeld ist, wollen das bisherige Geschäftsmodell erhalten. Dazu gehört etwa Marktführer Debeka. Große Konzerne wie Allianz und Generali präferieren weltweit eine staatliche Grunddeckung und private Zusatzversicherungen.

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Quelle: Financial Times Deutschland

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