Im Hafen liegt die Kraft der Stadt

Die Hamburger Wirtschaft wächst solide, vor allem der Hafen treibt sie an. Weil die Terminals die Fracht kaum noch bewältigen, werden sie jetzt für 3 Mrd. Euro modernisiert dsfgsd fs

Lieferschwierigkeiten und Streit bei Airbus, Stellenabbau bei den Versicherern, unerwartete Verluste bei der Traditionsreederei Hapag-Lloyd: Die Hamburger Wirtschaft hat in den letzten Wochen negative Schlagzeilen gemacht. Doch das kann die gute Stimmung an Alster und Elbe nicht trüben. „Wir befinden uns nach wie vor auf der Sonnenseite der Konjunktur“, sagt Christiane Brück vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI).

Das produzierende Gewerbe meldete für 2005 deutliche Umsatzsteigerungen. Der Kosmetikproduzent Beiersdorf zum Beispiel legte um fünf Prozent zu, Werkzeugmaschinenbauer Körber um neun Prozent, Gabelstaplerhersteller Jungheinrich um sieben Prozent. Der Kupferproduzent Norddeutsche Affinerie verkündete kürzlich sogar einen Umsatzsprung um mehr als 80 Prozent, der allerdings zum großen Teil durch die hohen Kupferpreise bedingt ist.

Die Stadt Hamburg erwirtschaftete 2005 ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 76 084 Euro pro Erwerbstätigen und liegt damit weit vor allen anderen Bundesländern. Zweiter ist Hessen mit 65 270 Euro. Die neueste Regionalstudie von HWWI und HSH Nordbank erwartet 2006 für die Stadt ein Wachstum des BIP von 2,5 Prozent.

Die Arbeitslosenquote lag im Juli bei 11,1 Prozent – eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, als sie noch 11,9 Prozent betrug. Sie liegt aber noch immer klar über dem Bundesdurchschnitt von 10,5 Prozent. „Wir haben in Hamburg überproportional viele erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger“, erklärt Brück. Ein Problem, das die meisten städtischen Ballungsräume prägt.

In ihrem Konjunkturbericht für das zweite Quartal kommt die Handelskammer zu dem Ergebnis, dass wieder mehr Menschen eingestellt werden. Das Verhältnis zwischen den Unternehmen, die neue Jobs schaffen wollen, und denen, die entlassen, sei zuletzt 1991 so positiv gewesen.

Die Hamburger Wirtschaftsförderung konzentriert sich auf Schwerpunktbranchen: Luftfahrt, Logistik und Außenwirtschaft, Medien, Informationstechnologie, Telekommunikation und Biowissenschaften. „Nur über Fokussierung kann sich ein Standort heute im internationalen Wettbewerb behaupten“, sagt Jörg Lennardt, geschäftsführender Gesellschafter beim Beratungsunternehmen Experconsult. Bürgermeister Ole von Beust sei auf einem guten Weg. Allerdings dürfe sich die Förderung nicht auf die geografischen Grenzen Hamburgs beschränken.

Deshalb gibt es zum Beispiel die Wachstumsinitiative Süderelbe, der Wirtschaftsförderer und Unternehmen aus Hamburg und dem niedersächsischen Umland angehören. Außerhalb der Stadtgrenzen sind Gewerbeflächen frei, im Hamburger Hafen fehlen sie. „Platz ist ein Problem“, sagt Reinhard Wolf, Geschäftsbereichsleiter Infrastruktur bei der Handelskammer. „Vielleicht könnte man jene Logistikbetriebe verlagern, die nicht direkt mit dem Umschlag im Hafen zu tun haben.“

Am Hamburger Hafen brummt das Geschäft. Dank weltweiter Arbeitsteilung wachsen der Welthandel und die Schifffahrt. Der Hafen ist auch wichtigster Arbeitgeber. Etwa 40 000 Menschen sind unmittelbar dort beschäftigt. Rund 154 000 arbeiten insgesamt in den Bereichen Schifffahrt, Schiffbau, Schiffsfinanzierung, Logistik und Hafen.

Der Hamburger Hafen, größter Seehafen in Deutschland, verzeichnet seit einigen Jahren Umschlagrekorde. Im ersten Halbjahr 2006 gingen mehr als 66 Millionen Tonnen über die Kais, 9,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Im Containerumschlag war der Zuwachs noch größer. Hier wurden 4,2 Millionen Standardcontainer gezählt, 400 000 mehr als im Vorjahr. „Das ist kein vorübergehender Trend, sondern eine Folge der Globalisierung“, sagt Wolf.

Doch die Firmen klagen, der Hafen biete zu wenig Fläche und die Infrastruktur sei veraltet. Auch Infrastrukturexperte Wolf sagt: „Wir müssen da eine Menge tun.“ Geplant ist die Modernisierung der Containerterminals. Als Vorbild dient dabei der 2002 eröffnete Hightech-Terminal Altenwerder. Daneben ist ein neuer Terminal im Mittleren Freihafen geplant. „Für 2015 werden 18 Millionen Container erwartet, die werden wir ohne einen weiteren Terminal mit mindestens vier Millionen Kapazität nicht bewältigen können“, sagt Wolf.

Branchenexperten schätzen den Gesamtinvestitionsbedarf für die Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen auf 3 Mrd. Euro. Die Summe müssen sich die Stadt, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und andere Terminalbetreiber teilen.

Veraltete Hafenbahn

Die über 40 Jahre alte Hafenbahn sorgte in den letzten Monaten für negative Schlagzeilen, weil sie überlastet war. „Es ist irrsinnig teuer, eine Bahn zu modernisieren, deshalb war das bislang nicht Priorität“, sagt Wolf. Jetzt seien Investitionen aber dringend notwendig, denn gerade im An- und Abtransport per Bahn liege der große Vorteil des Hafens gegenüber Konkurrent Rotterdam.

Unglücklich ist die Hafenwirtschaft auch über die Verzögerungen beim Bau der so genannten Hafenquerspange. Die Autobahn soll die Köhlbrandbrücke entlasten und die A7 mit der A1 verbinden. Frühestens 2013 wird sie fertig sein.

Schneller geht es wohl mit der Elbvertiefung. Sie sei die Voraussetzung für den weiteren Ausbau des Hafens, sagt Jürgen Sorgenfrei, Vorstand von Hafen Hamburg Marketing. Neue Containerschiffe haben Tiefgänge bis zu 14,5 Metern. Derzeit ist die Elbe 12,5 Meter tief, große Schiffe können also nur bei Flut einlaufen. Bis Ende 2009 soll die Elbe auf 13,5 Meter Tiefe ausgebaggert werden. Bei Flut können dann Schiffe mit über 16 Metern Tiefgang in den Hafen fahren.

Auch den kleinen Zubringerschiffen zur Nord- und Ostsee, den Feederschiffen, wollen die Terminalbetreiber besseren Service bieten. Sie werden unmittelbar an den Liegeplätzen der stählernen Giganten mehr Umschlagkapazitäten schaffen. „Wir wissen, dass die großen Schiffe nur kommen, weil die Feeder da sind“, sagt Marketingexperte Sorgenfrei. Derzeit brauche eine Stahlkiste noch zwei Tage, um vom großen Schiff auf den Feeder zu gelangen.

Sorgenfrei hat keine Angst vor der Konkurrenz durch den neuen Containerterminal in Wilhelmshaven. Die Firma Eurogate baut dort einen Terminal mit einer jährlichen Umschlagkapazität von 2,7 Millionen Standardcontainern. „Bei den heutigen Wachstumsraten ist genug Arbeit für alle da“, sagt Sorgenfrei.

Zitat:

“ „2015 werden 18 Millionen Container erwartet“ “ – Reinhard Wolf, Handelskammer –

Bild(er):

Blick auf den Hamburger Hafen bei Nacht: Die Kräne sind 24 Stunden im Einsatz, weil die Liegezeiten für die Schiffe so teuer sind. Für ein Containerschiff brauchen sie acht Stunden – picture-alliance/gms; laif/Joerg Glaescher; Frank/Wache/JUNO

Katrin Berkenkopf und Bülent Erdogan

Quelle: Financial Times Deutschland

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