Adenauers Enkel geben weiter Gas

Tradition und Forschung machen Köln zur Automobilregion · Mittelständische Zulieferbetriebe geraten unter Preisdruck

Von Patrick Hagen Es war ein Sieg für Köln. Vor 75 Jahren liefen in Niehl die ersten in Köln gefertigten Fords vom Band. Die Domstadt hatte sich als Standort gegen Berlin durchgesetzt, wo Ford zuvor das legendäre Modell T baute. Dass Henry Ford sich für Köln entschied, wird dem Verhandlungsgeschick des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer zugeschrieben.

Heute ist Ford mit 17 500 Beschäftigten der größte industrielle Arbeitgeber Kölns. „Wir begreifen uns als Teil der Stadt“, sagt Jürgen Stackmann, Marketing- und Verkaufschef in der Ford-Geschäftsführung. Um sich bei den Kölnern beliebt zu machen, sponsort der Autobauer Attraktionen wie den Rosenmontagszug, den Köln-Marathon oder den Heimatklub FC Köln.

Ihren guten Ruf als Automobilregion verdankt die Stadt aber nicht nur der Firma Ford, sondern auch den Zulieferern und Ausbildungsstätten. Fahrzeug- und Maschinenbau sind mit 42 000 Mitarbeitern die Industriebranche mit den meisten Beschäftigten. Stadt und Region punkten mit guter Verkehrsanbindung und qualifizierten Mitarbeitern. Die Absolventen der Fachhochschule Köln und der nahegelegenen Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen sind in der Branche begehrt. Stolz ist man in Köln auch auf die lange Tradition des Automobilbaus. Nikolaus August Otto erfand hier 1876 den gleichnamigen Motor. Aus seiner Motorenfabrik ging die Deutz AG hervor. Das Unternehmen produziert heute Motoren unter anderem für Trucks von Renault und Volvo.

„Köln ist allerdings nicht der billigste Standort“, sagt Stackmann. „Wir haben hier viel investiert.“ In den Neubau des Werks hat Ford in den vergangenen Jahren über 400 Mio. Euro gesteckt. 64 Mio. Euro flossen in den Industriepark am Ivenshofweg. Direkt neben dem Ford-Werk sitzen hier die zwölf wichtigsten Zulieferer mit etwa 1000 Mitarbeitern. Firmen wie MAN Ferrostaal oder Benteler fertigen Motorenteile und Achsen und liefern sie direkt ans Band. Ford ist das einzige Unternehmen, das Personenwagen in Köln baut. Das Werk, in dem Fiesta und Fusion hergestellt werden, produziert in drei Schichten rund um die Uhr. Bis zu 1930 Autos rollen hier jeden Tag vom Band. Im vergangenen Jahr bauten die Kölner 326 200 Fiestas und 79 300 Fusions. Der Großteil ging ins Ausland, die Exportquote liegt bei 82 Prozent.

Das Unternehmen hat drastisch an den Personalkosten gespart. Ende 2005 hat Ford über 1300 Stellen abgebaut, davon 1000 in Köln. Die Mitarbeiter verzichten bis 2011 auf Lohnerhöhungen. Ford garantiert im Gegenzug, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen.

Köln und Umgebung sind auch eine der Hauptregionen für Automobilimporteure. Citroën und Volvo, Renault, Mazda und Toyota haben hier ihre Deutschland-Zentralen. Toyota baut seit sechs Jahren im Stadtteil Marsdorf seine Formel-eins-Rennwagen. Diese Boliden sind die einzigen komplett in Deutschland gefertigten Rennautos.

In der Region um Köln gibt es ein dichtes Netzwerk von Automobilzulieferern, von denen viele für Ford arbeiten. Die Zuliefererbranche war ursprünglich stark mittelständisch geprägt. Mittlerweile sitzen hier internationale Unternehmen wie Johnson Controls oder DSG Carnusa. Kleinere Firmen haben es schwer. „Die Zulieferer sind von zwei Seiten unter Druck geraten“, sagt Matthias Mainz von der Industrie- und Handelskammer (IHK). „Die Rohstoffpreise sind hoch und die Hersteller üben einen immer stärkeren Preisdruck aus.“ Das bestätigt auch Witich Roßmann, von der Industriegewerkschaft Metall. „Die Zulieferer müssen immer mehr kostenintensive Aufgaben übernehmen.“

Unter Druck geraten sind auch die Maschinenbauer. Die etwa 140 Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern haben insgesamt 17 000 Beschäftigte. Große Unternehmen wie Leybold oder Alfred Schütte sind die Ausnahme. Es überwiegen kleine Firmen, denen der harte Wettbewerb stark zu schaffen macht.

Zitat:

„Köln ist nicht der billigste Standort“ – Jürgen Stackmann, Marketingchef Ford –

Quelle: Financial Times Deutschland

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