Öffentliche Versicherer finden zusammen

Trotz Streitereien kommt Konsolidierung bei der Assekuranz in Gang · Land Niedersachsen will kassieren

Von Herbert Fromme Der Prozess vor dem Verwaltungsgericht in Braunschweig hat etwas bizarr Altertümliches. Während Versicherungs-Weltmarktgrößen wie Allianz, Münchener Rück oder Hannover Rück globale Strategien verfolgen, streiten sich die Versicherungsgruppe Hannover (VGH) und die Öffentliche Versicherung Braunschweig (ÖB) um rund 6000 Kunden in Ostfriesland.

VGH und ÖB gehören beide zu den öffentlichen Versicherern, die wiederum Teil des Sparkassen-Lagers sind. Diese Gesellschaften machen sich gegenseitig keine Konkurrenz und arbeiten strikt nach dem Regionalprinzip. In Niedersachsen sind das die Grenzen der Vorgängerländer Schaumburg-Lippe, Hannover, Braunschweig und Oldenburg. Aurich gehört damit zum Gebiet der VGH. Allerdings gaben die Hannoveraner den Braunschweiger Kollegen 2003 die Erlaubnis, als Kooperationspartner des örtlichen Versicherers Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse bestimmte Policen anzubieten, darunter die Autoversicherung. Jetzt lief die Erlaubnis aus, verlängern will Hannover nicht. Braunschweig pocht auf Zusagen und seine Investitionen in den ostfriesischen Markt.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig entschied im März gegen die Hannoveraner. Jetzt geht die VGH vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Die Auseinandersetzung vor Gericht zeigt: Die öffentlichen Versicherer müssen dringend größere Einheiten schaffen und die Kleinstaaterei überwinden, wenn sie ihre Position im sich wandelnden deutschen Versicherungsmarkt halten wollen. Immerhin sind die öffentlichen Versicherer zusammengenommen hinter der Allianz die Nummer zwei im Markt.

Trotz der gelegentlich aufblitzender Streitlust wissen das die Manager in dem Bundesland auch. Sie können sich dem Trend zu größeren Einheiten in ihrem Lager nicht entziehen. Die vier öffentlichen Unternehmen in Hannover, Braunschweig, Aurich und Oldenburg diskutieren deshalb einen Zusammenschluss.

Ein Problem: Bisher ist nicht klar, wem die 1750 gegründete VGH gehört. Kontrolliert wird sie von den Landschaften, das sind regionale kommunale Körperschaften. Jetzt hat das Land Niedersachsen im Prinzip zugestimmt, dass die Landschaften Eigentumsrechte haben. Damit kann eine Fusion stattfinden. Aber Finanzminister Hartmut Möllring ist zu dem überraschenden Schluss gekommen, dass dem Land rund 75 Prozent der Versicherer gehören – fusionieren sie unter dem Dach der Sparkassen-Finanzgruppe, will das Land kassieren.

Klar ist schon jetzt: Auch bei den Öffentlichen wird trotz aller Treueschwüre zur regionalen Verankerung während der Fusion langfristig der Trend in Richtung größere Einheiten gehen. Der Versicherungsstandort Hannover dürfte profitieren. Hier arbeiten 9300 der 21 000 Versicherungsangestellten in Niedersachsen. Die Stadt war 2006 die Nummer acht unter den Assekuranzstandorten und wird künftig bedeutender. Die Talanx/HDI-Gruppe hat gerade Gerling geschluckt und baut zurzeit den größten deutschen Industrieversicherer auf – Hauptsitz Hannover. Die Talanx-Tochter Hannover Rück ist zum viertgrößten Rückversicherer der Welt aufgestiegen und betreibt ihr Geschäft vor allem aus der niedersächsischen Hauptstadt. Die VHV-Versicherungsgruppe hat sich durch die Übernahme der Hannoverschen Leben von einem Spezialisten für Bau- und Autoversicherung zu einem Universalanbieter gemausert.

Zitat:

„Die öffentlichen Versicherer müssen größere Einheitenschaffen“

“ „

“ „

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit