Anleihen drohen weitere Kursverluste

Ausländische Anleger schichten in Aktien um · Höheres Renditeniveau hat für institutionelle Investoren auch Vorteile

Von Yasmin Osman, Frankfurt,und Herbert Fromme, Köln Das Trauerspiel am europäischen Rentenmarkt ist nach Einschätzung von Experten noch nicht vorüber. Von der FTD befragte Händler und Analysten rechnen in den kommenden Monaten damit, dass die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen von derzeit knapp 4,5 Prozent auf 4,6 bis 4,75 Prozent steigen wird. Gestern kletterte die Zehnjahresrendite zeitweise auf 4,51 Prozent, ihren höchsten Stand seit Dezember 2003.

Seit September 2005 sind die Renditen um 1,5 Prozentpunkte gestiegen. Einen vergleichbaren Kursverfall hatte es zuletzt 1999 und 1994 gegeben. Das schmälert gerade die Renditehoffnungen vieler deutscher institutioneller Investoren wie Versicherer oder Fonds.

„Da die meisten deutschen Großanleger sehr stark in Renten investiert sind, hat sich die Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt weit weniger positiv in der Gesamtrendite niedergeschlagen, weil diese durch Rückschläge bei Anleihen belastet wurde“, sagte Rainer Buth, Partner bei Faros Consulting. „Daher lag die durchschnittliche Rendite der Portfolios im vergangenen Jahr im Schnitt bei nur drei bis vier Prozent.“ So hat Ergo, die Erstversicherungsgruppe der Münchner Rück, rund 56 Mrd. Euro der 70 Mrd. Euro Kapitalanlagen der Lebensversicherer Hamburg-Mannheimer und Victoria in festverzinsten Bonds angelegt. In der Branche insgesamt liegt der Anteil noch höher als bei Ergo.

Besserung ist nicht in Sicht. „Die Wachstumsstory in der Euro-Zone ist gut, das wird zu weiteren Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) führen“, sagte Daniel Pfändler von Dresdner Kleinwort. Experten prognostizieren mehrheitlich einen Leitzinsanstieg bis auf 4,5 Prozent. Pfändler erwartet in den nächsten zwei Monaten Renditen von bis zu 4,6 Prozent. „Der Renditeanstieg findet aber in geordneten Bahnen statt, es gibt keine Panikattacken“, sagte ein Händler.

Vor allem ausländische Anleger treiben die Entwicklung derzeit voran. „Die Umschichtungen aus dem Rentenmarkt hinaus und rein in Aktien werden überwiegend von ausländischen Investoren getätigt“, sagt Rainer van der Meirschen, Leiter Institutionelle Kundenbetreuung von M.M. Warburg. „Allerdings haben auch deutsche Vermögensverwalter und Fondsmanager die Laufzeit ihres Portfolios verkürzt“, erklärte ein Händler.

„Viele Pensionsfonds gerade aus den Niederlanden und Großbritannien sind nicht mehr so stark auf Investitionen in den Rentenmarkt angewiesen wie in den letzten Jahren“, sagt Credit-Suisse-Analyst Sean Shepley. Der Grund: Die Kapitalmarktentwicklung hat die Pensionslücken schrumpfen lassen.

Zum Teil haben die Anleger sich gegen den Zinsanstieg gewappnet. „Viele Investoren haben sich in der Niedrigzinsphase, in der das Zinsniveau zeitweise sogar unter 3,5 Prozent lag, vorsorglich mit Namensschuldverschreibungen eingedeckt“, sagt Buth. Diese Papiere müssen in der Bilanz nicht zum aktuellen Marktwert ausgewiesen werden. Das gilt zumindest für Anleger, die nach dem Handelsgesetzbuch bilanzieren.

Doch das fängt nicht alles auf. „Die Masse der Versicherer hat zwar in Namenspapiere und Schuldscheine investiert, aber so ein starker Renditeanstieg geht an keinem Rentenportfolio vorbei“, sagt van der Meirschen. Zudem gibt es nach wie vor viele Anleger, die über Spezialfonds in Festverzinsliche investieren. Dort dürften die Kursverluste die Erträge aus Zinszahlungen in diesem Jahr aufgefressen haben.

Trotz des Abwärtstrends dürften Versicherer die Entwicklung mit gemischten Gefühlen betrachten. „Alles in allem überwiegt die Freude darüber, Mittel wieder neu zu höheren Zinsen anzulegen. Die Kursverluste tun nur dieses Jahr weh, aber die höheren Renditen können sie sich für die nächsten zehn Jahre sichern“, sagt Buth. „Langfristig sind steigende Zinsen eine sehr gute Sache für die Lebensversicherer“, so ein Ergo-Sprecher. „Kurzfristig kann es Probleme geben.“ Auch Dax-Konzerne wirken gelassen. „Trotz des jüngsten Zinsanstiegs halten wir die aktuellen Konditionen für Bondemissionen noch für potenziell attraktiv, wenn man Basiszins und Renditeaufschlag zusammennimmt“, so Larry Rosen, Finanzchef von Fresenius Medical Care.

Allmählich robben sich die Rentenmärkte aber an Niveaus heran, auf denen sie zur Konkurrenz für Aktien werden. „Bei mehr als fünf Prozent fängt der Markt an, sich darum zu sorgen, wie attraktiv Aktien im Vergleich zu Renten sind, und darüber, dass es sich negativ auf den fairen Wert und die Finanzierungskosten auswirken könnte“, schreibt Goldman Sachs.

Die europäischen Bondmärkte sind davon noch ein Stück entfernt, doch es gibt Branchen, die früher auf hohe Renditen reagieren. So hätten in Europa schon Zinsen von über 4,5 Prozent einen negativen Einfluss auf Aktien aus der Chemie-, Auto-, Rohstoff- und Versicherungsbranche.

Zitat:

„Bondemissionen sind noch potenziell attraktiv“ – Larry Rosen, FMC –

www.ftd.de/BONDmarkt

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Rendite verängstigt Investoren

Quelle: Financial Times Deutschland

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