Liebesgrüße nach Moskau und Peking

Düsseldorf steht seit jeher für Wohlstand. Tatsächlich ist die Kassenlage der Kommune gut. Um auf Erfolgskurs zu bleiben, bemüht sie sich um mehr Lebensqualität und stärkt die Bande nach China und Russland

Freibier für alle auf dem Rathausplatz – die Stadt kann es sich leisten. Gerade hat Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) die Kommune mit Fanfaren und Feuerwerk für schuldenfrei erklärt. Er nennt Düsseldorf eine „Wohlfühlstadt“ und spendiert 5 Mio. Euro für die Erneuerung des Naherholungsgebiets Unterbacher See. Die Sonne scheint, und eine Frau mit Altbierglas in der Hand seufzt zufrieden. „So schön war Düsseldorf schon lange nicht mehr“, sagt sie zu ihrem Mann.

Diese Stadt will zeigen, was sie hat. Das städtische Gesamtvermögen gemäß Neuem Kommunalem Finanzwesen ist zwischen 2006 und 2007 um eine halbe Milliarde auf 12 Mrd. Euro angewachsen, das sind 20 675 Euro für jeden Einwohner. Im Haushalt 2008 sind 809 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen eingeplant. „Wenn es der Stadt gutgeht, geht es der Wirtschaft auch gut“, sagt Hermann Franzen, Präsident der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer (IHK).

„Auch in Zukunft wird die Wirtschaftsdynamik in Düsseldorf überdurchschnittlich sein“, sagt Gerd Nicodemus, Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik an der Fachhochschule Düsseldorf. Das liege an den wachstumsstarken Branchen, die am Standort besonders vertreten seien, wie Unternehmensberatungen und Anwälte, Banken und Handelsunternehmen.

Oft handele es sich zudem um mittelständische Firmen, die verlässliche Steuerzahler seien. „Als Arbeitsplatz ist Düsseldorf für den gesamten Rhein-Ruhr-Raum von herausragender Bedeutung“, ergänzt Uwe Neumann, Experte für Regionalforschung beim Wirtschaftsforschungsinstitut RWI in Essen. Der Einpendler-Überschuss liegt laut IHK bei rund 150 000 Menschen.

Größte Stärke sei die Branchenvielfalt, sagt Wirtschaftsdezernent Wilfried Kruse. „Bei uns hat keine Branche einen Anteil über neun Prozent an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.“ Natürlich gibt es auch in Düsseldorf bekannte Namen wie Metro, Eon und Henkel. Mit ThyssenKrupp wird ein Dax-Konzern seinen Sitz demnächst allerdings nach Essen verlegen. Natürlich seien solche Namen wichtig und ihr Verlust schmerzlich, sagt Nicodemus. „Aber wichtiger ist, dass man nicht abhängig ist von wenigen großen Unternehmen.“

Einen wichtigen Beitrag zum Düsseldorfer Wirtschaftsleben leisten ausländische Unternehmen. Besonders bekannt ist die japanische Gemeinde. 450 japanische Firmen haben ihren Sitz in der Stadt, die zahlreichen Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte nicht mitgezählt. Fast 7700 Japaner wohnen hier.

Relativ neu in Düsseldorf sind chinesische Unternehmen. Etwa 200 gibt es hier mittlerweile, die meisten sind innerhalb der vergangenen drei Jahre gekommen, sagt Dezernent Kruse. 2006 haben sich mit Huawei Technology und ZTE Germany zwei große Telekommunikationsfirmen in der Landeshauptstadt niedergelassen. Auch andere Standorte wetteiferten um Investitionen aus dem Boomland China. „Aber wir sind der am schnellsten wachsende.“

Für diese Zielgruppen hat die Wirtschaftsförderung Anlaufstellen geschaffen. So gibt es Kompetenzzentren für Russland und China, an denen auch die Messe Düsseldorf und die IHK beteiligt sind. Mit dieser Bündelung sei Düsseldorf ein Vorreiter in Deutschland, meint Gerhard Eschenbaum, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK. Die beiden Zentren sind unterschiedlich ausgerichtet: Die Russland-Mannschaft wendet sich vor allem an heimische Unternehmen, die Kontakte nach Russland knüpfen wollen.

Seit 15 Jahren pflegt Düsseldorf eine Städtepartnerschaft mit Moskau. Das Jubiläum begingen Politiker und Unternehmer beider Städte gerade erst bei den „Moskauer Tagen“. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die wirtschaftlichen Beziehungen; mit Ausstellungen wie „Bonjour Russland“ im Museum Kunst Palast und den russischen Filmwochen werden aber auch kulturelle Bande gestärkt.

Das China-Zentrum soll dagegen als „One-Stop-Agency“ für ansiedlungswillige chinesische Firmen dienen. Das Konzept gehe auf, sagt Kruse. „Wir hören immer wieder, dass es nirgendwo einen schnelleren und unkomplizierteren Service gibt.“

Einen Grund für den Erfolg sieht Kruse in den sogenannten weichen Standortfaktoren. „Die Stadt hat sehr viel in Lebensqualität investiert.“ Das bestätigt die Japanische Industrie- und Handelskammer (JIHK). In Düsseldorf habe sich eine japanische Infrastruktur etabliert. Dazu gehören etwa japanische Kindergärten und Schulen. „Und der Einzelhandel hat sich sehr gut auf die kaufkräftige japanische Kundschaft eingestellt“, erklärt JIHK-Hauptgeschäftsführer Yosuke Norimitsu.

Einige dunkle Wolken trüben jedoch das Bild der boomenden Stadt. Der Streit um den Kö-Bogen etwa, die geplante Bebauung zwischen Königsallee und Hofgarten. Oder höhere Kosten bei Bauprojekten wie dem Umbau der alten Paketpost am Hauptbahnhof.

Die Japaner wünschen sich eine Direktverbindung nach Tokio – die es allerdings wegen der Beschränkungen für größere Flugzeuge auf dem Flughafen Düsseldorf nicht gibt. In der Verkehrsinfrastruktur sieht FH-Professor Nicodemus eine Schwachstelle. So müsse auch die Messe besser an den Nahverkehr angebunden werden. „Den finanziellen Spielraum hat die Stadt sich ja jetzt geschaffen, da weiter zu investieren“, sagt er.

Die heimische Wirtschaft fühlt sich derweil räumlich bedrängt, etwa von den Prestigebürobauten und Luxuswohnanlagen des wachsenden Medienhafens. „In der Tat macht es den Betrieben Sorge, wenn in Zukunft Wohnbevölkerung in teuren Wohnungen näherrückt und auch gewisse Erwartungen an die Qualität des Wohnens richten wird, die Sie im Hafen kaum bekommen können“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Udo Siepmann. Dezernent Kruse gibt zu: „Wir hätten gerne mehr Gewerbeflächen.“ Hier müsse man auf regionale Zusammenarbeit setzen.

Zitat:

“ „Die Stadt hat sehr viel in Lebensqualität investiert“ “ – Wirtschaftsdezernent Wilfried Kruse –

Bild(er):

Ein Besucher in der Ausstellung „Bonjour Russland“ im Düsseldorfer Museum Kunst Palast. An der Wand hängen die Werke „Schwarzes Quadrat“, „Schwarzer Kreis“ und „Schwarzes Kreuz“ des russischen Malers Kasimir Malewitsch. Die Ausstellung findet im 15. Jahr der Städtepartnerschaft Düsseldorf-Moskau statt und dokumentiert die westöstliche Kulturgeschichte – Alimdi/KFS; Das Fotoarchiv/Philipp Hympendahl; Picture-Alliance/dpa/Federico Gambarini

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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