Vom Winde verweht

Versicherer wollen Sturmschäden oft schnell mit dem Scheckbuch abwickeln – und damit viel Geld sparen

Von Friederike Krieger Versicherte sollten Sturmschäden unverzüglich ihrem Versicherer melden – und bei der Schadenregulierung aufpassen. Denn viele wissen nicht, dass sie bei Schäden am Haus und an Möbeln Anspruch auf den Neuwert haben.

Die Saison der Herbst- und Winterstürme mit heftigen Orkanböen und Regenfällen hat am ersten Advent Tief Fridtjof eingeläutet. Im Südwesten Deutschlands wütete der Sturm mit Windgeschwindigkeiten von rund 100 Stundenkilometern. Umstürzende Bäume und Baugerüste zogen zahlreiche Wohnhäuser und Pkw in Mitleidenschaft. Etliche Dächer wurden abgedeckt.

Für den zerstörten Pkw kommt die Kaskoversicherung auf. Einen Verlust des Schadenfreiheitsrabatts braucht der Versicherungsnehmer nicht zu fürchten. Der Teilkasko-Anbieter zahlt abzüglich einer eventuellen Selbstbeteiligung, ohne den Halter zurückzustufen. Schäden am Wohnhaus übernimmt der Gebäudeversicherer. Hat der Sturm das Dach abgedeckt und der eindringende Regen Möbel und Teppich ruiniert, ist die Hausratsversicherung zuständig. Die Versicherer zahlen aber nur, wenn Windstärke acht erreicht worden ist, was einer Windgeschwindigkeit zwischen 62 und 74 Kilometer pro Stunde entspricht. Ob der Sturm wirklich so stark war, erfährt der Versicherte beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Hat der DWD in der betreffenden Region keine Daten erhoben, kann er seinem Versicherer auch Zeugenaussagen von Nachbarn, die ebenfalls vom Sturm betroffen sind, und Zeitungsberichte aus der lokalen Presse über das Unwetter vorlegen.

„Bevor ihn der Sachverständige von der Versicherung aufgesucht hat, sollte der Verbraucher nicht mit Reparaturen beginnen“, erklärt Bianca Höwe vom Bund der Versicherten. Andererseits hat der Versicherte aber eine Schadenminderungspflicht. Er soll Folgeschäden vermeiden, indem er Fenster mit einer Plane abdichtet oder den Hausrat in Sicherheit bringt.

Zudem muss der Versicherte beweisen, dass der Sturm auch wirklich die Ursache des Schadens war, sagt Hubert van Bühren, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltsverein. Wenn ein Gebäude durch einen herabfallenden Baum beschädigt wird, sei das nicht schwer. Van Bühren erinnert sich allerdings an einen Fall, wo der Sturm Steine in das Abflussrohr einer Arztpraxis geweht hatte, wodurch es zu einem Wasserschaden kam. „Das wollte der Versicherer nicht gelten lassen“, sagt er.

Der Versicherungsnehmer solle nicht voreilig Abfindungen von seiner Versicherung akzeptieren, rät er. Nachdem sich die Schadenregulierer der Versicherungen vor Ort ein Bild der Lage gemacht haben, zücken sie häufig gleich das Scheckbuch und bieten dem Kunden eine Entschädigung an. Erst im Nachhinein stellt der Versicherte fest, dass der vereinbarte Betrag nicht ausreicht, um den Schaden zu beseitigen oder eine Neuanschaffung zu finanzieren.

Im Gegensatz zur Kraftfahrzeugversicherung, die nur Reparaturkosten oder den Wiederbeschaffungswert ersetzt, haben die Hausbesitzer Anspruch auf eine Neuwertentschädigung. „Auch wenn das Haus schon alt und baufällig war, bevor es der Sturm zerstörte, muss die Versicherung dem Geschädigten ein neues Gebäude bezahlen“, erklärt van Bühren. Da viele Versicherungsnehmer dies nicht wüssten und sie der Schadenregulierer in der Regel auch nicht darauf hinweist, akzeptieren sie oft das vermeintlich großzügige erste Angebot. Bevor der Kunde mit seiner Versicherung eine Entschädigung vereinbart, sollte er sich anwaltlich beraten lassen, sagt van Bühren.

Der bisher stärkste Sturm in diesem Jahr war der Februarsturm Kyrill, der versicherte Schäden von 2 Mrd. Euro verursachte. Der GDV rechnet damit, dass solche großen Stürme wegen des Klimawandels künftig häufiger auftreten. Der DWD hält es allerdings für möglich, dass es sich bei der Zunahme der Stürme nur um ein vorübergehendes Phänomen handelt. In einer Untersuchung zu dem Thema stellt er zwar fest, dass seit Beginn der Siebziger-Jahre hohe Windgeschwindigkeiten zugenommen haben. Eine ähnliche Tendenz hätte es aber schon im 19. Jahrhundert gegeben. Deshalb könne es sich auch um eine „kurzperiodische Schwingung im Klimasystem“ handeln.

Bild(er):

Zwei Spaziergänger im Herbststurm auf dem Schauinsland im Schwarzwald: Hoffentlich liegen zu Hause die Ziegel noch auf dem Dach – AP/Ullstein Bild

www.ftd.de/stuerme

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Quelle: Financial Times Deutschland

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