Der ständig wachsende Güterverkehr ist auf die Häfen angewiesen. Deren Terminals müssen aufgerüstet werden, um die rasant wachsende Warenmenge zu bewältigen

VON Patrick Hagen Sie wiegen mehrere Hundert Tonnen und erreichen die Maße von kleinen Häusern: die Gehäuse für Offshore-Windenergieanlagen, die der Hersteller Repower ab 2009 in Osterrönfeld in Schleswig-Holstein bauen will. Für Logistiker sind sie eine echte Herausforderung. Deshalb wird dort ein neuer Schwerlasthafen für den Abtransport der Kolosse gebaut. Kreis und Gemeinde investieren 32 Mio. Euro.

Der Vorteil: Osterrönfeld mit seinen rund 5000 Einwohnern liegt unmittelbar am Nord-Ostsee-Kanal, der Schleswig-Holstein durchquert und Nord- und Ostsee verbindet. Neben dem neuen Hafen soll ein 80 Hektar großes Gewerbegebiet entstehen. „Wir hoffen auf weitere Firmen aus der Windenergiebranche“, sagt Gerald Gehrtz, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Rendsburg-Eckernförde.

Häfen sind Profiteure des weltweiten Logistikbooms. Das Umschlagsvolumen der großen Seehäfen wächst seit Jahren zweistellig, besonders stark steigt das Containeraufkommen. Eine Prognose der Beratungsfirma Planco geht davon aus, dass sich der Güterumschlag in den deutschen Häfen bis 2025 mehr als verdoppeln wird, die Zahl der Container soll sich sogar verdreifachen.

Doch das Wachstum stößt auf Hindernisse. Die bestehenden Hafenanlagen reichen für die Gütermengen der Zukunft nicht aus. Schon heute bilden sich in Hamburg oder Rotterdam täglich lange Lkw-Schlangen vor den Terminals. Kommt es hier zu Verzögerungen, gerät die gesamte Logistikkette ins Stocken. Viele Unternehmen haben längst keine eigenen Lagerhäuser mehr und sind darauf angewiesen, dass Teile pünktlich ankommen. Das Problem sei zum Teil hausgemacht, sagt Florian Marten, Sprecher bei HHLA, dem größten Terminalbetreiber im Hamburger Hafen. „Die Terminals haben mittlerweile rund um die Uhr geöffnet, aber die meisten wollen ihre Waren zu den Stoßzeiten abholen.“

Die Seehäfen reagieren mit weitreichenden Ausbauplänen. Überall an der Küste werden Kaimauern verlängert und neue Kräne aufgestellt. Allein in Hamburg wollen Hafenunternehmen und Stadt bis 2015 mehr als fünf Mrd. Euro investieren. Der mit Abstand größte deutsche Hafen hat ein ehrgeiziges Ziel: In sieben Jahren sollen hier 18 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen werden. Im Jahr 2007 waren es 9,8 Millionen TEU – schon das ein Rekord.

Doch obwohl Einigkeit über die Wachstumsziele besteht, läuft der Ausbau nicht immer reibungslos. Die beiden größten Terminalbetreiber im Hamburger Hafen HHLA und Eurogate liegen gerade im Clinch mit der neu geschaffenen Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA). Die Unternehmen klagen darüber, dass es zu lange dauert, bis sie Genehmigungen für ihre Ausbauprojekte erhalten.

Thomas Eckelmann, einer der beiden Chefs von Eurogate, bezweifelt mittlerweile, dass Hamburg das Umschlagsziel noch erreichen kann. Eurogate ist Europas größter Terminalbetreiber und will in den nächsten vier Jahren mehr als eine Mrd. Euro investieren – vor allem in Terminalkapazitäten. Das Unternehmen ist ein Joint Venture der Hamburger Gesellschaft Eurokai und der Bremer Logistikgruppe BLG. In Hamburg will Eurogate einen dritten Liegeplatz für seine Anlagen bauen.

Nervös reagiert die Hafenwirtschaft auf Einmischung aus der Politik. Pläne aus dem Bundesverkehrsministerium für ein Hafenkonzept beäugt sie misstrauisch. Sie befürchtet eine politische Steuerung des Schiffsverkehrs. Doch weiß sie auch, dass ohne öffentliche Förderungen der Infrastruktur in Millionenhöhe kein Hafenbetrieb funktioniert.

Bisher kann sich der Hamburger Hafen auf die Unterstützung der Landesregierung verlassen. So verhinderte der Senat Anfang des Jahrs die Nominierung des Hamburger Teils des Wattenmeers zum Unesco-Weltnaturerbe. Die neue schwarz-grüne Koalition in der Bürgerschaft einigte sich darauf, der umstrittenen Elbvertiefung zuzustimmen.

In Bremerhaven, dem zweitgrößten deutschen Seehafen, ist das Ende des Wachstums schon absehbar. Das neue Containerterminal 4, das im Oktober fertig wird, ist die letzte Ausbaustufe. Kurz hinter dem Terminal beginnt der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Eine Ausweichgelegenheit für Hafenbetreiber Eurogate soll das neue Tiefwasserterminal im niedersächsischen Wilhelmshaven bieten. Eurogate wird das Terminal zusammen mit APM, einer Schwestergesellschaft des Reederei-Riesen Maersk Line, betreiben. Die Wassertiefe von 18 Metern reicht für die größten Frachtschiffe aus. Mittlerweile hat der Bau begonnen. 2011 soll er fertig sein, ein Jahr später als ursprünglich geplant. Streitigkeiten mit Umweltschützern und der Wechsel des Bauunternehmens nach einer missratenen Ausschreibung hatten den Baubeginn verzögert.

Genauso wichtig wie neue Liegeplätze und größere Kräne ist die Anbindung der Häfen an das sogenannte Hinterland. Die Container müssen mit Zügen, Lastwagen oder kleineren Schiffen in den Hafen und heraus gelangen können.

Als Nadelöhr galt bislang auch der Nord-Ostsee-Kanal. Nun wird der Wasserweg erweitert. Der 100 Kilometer lange Kanal wird um einen Meter vertieft, sodass auch größere Schiffe als bisher hindurchpassen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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