Eine Frage des Vergleichs

Produkte aus Übersee müssen keine schlechtere Emissionsbilanz aufweisen

Billiger Transport macht es möglich: Hemden aus europäischer Produktion werden zum Einnähen der Knopflöcher nach Indonesien geschifft und Nordseekrabben zum Pulen nach Marokko. Doch die globalen Logistikketten geraten unter Druck, nicht zuletzt durch die Diskussion um Klimaschutz und den notwendigen Beitrag des Verkehrssektors.

Das österreichische Forschungsinstitut Seri hat die Rechnung aufgemacht: Äpfel aus Südafrika verursachen beim Transport 7444 Gramm Kohlendioxidemissionen für den Jahresverbrauch pro Kopf, und damit zwölfmal so viel wie der der Transport heimischer Äpfel. Noch düsterer sieht es aus, wenn schnell verderbliche Ware per Flugzeug einreist, etwa die Weintrauben aus Chile.

Doch Eva Burger von Seri warnt vor Schnellschüssen gegen den globalen Transport: „Wichtig ist die Analyse über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts.“ So verursacht eine Kiwi aus Neuseeland über die gesamte Produktions- und Logistikkette hinweg weniger Emissionen als eine Frucht aus einem europäischen Gewächshaus. Und die Klimabilanz von einheimischem Gemüse kann der Konsument verderben, wenn er die Ware am Ende mit einem PS-starken Auto nach Hause fährt. Trotzdem ist der Transportsektor in den Blickpunkt der Diskussion um Klima- und Umweltschutz gerückt.

„Der Transport ist das Sichtbare und steht deshalb im Fokus des Konsumenten. Jeder sieht die Lkw und Güterzüge“, sagt Michael Arretz, Geschäftsführer der Hamburger Unternehmensberatung Systain. Um das Thema käme die Branche deshalb nicht mehr herum. „Klimaschutz ist Bestandteil des professionellen Managements jedes Logistikunternehmens.“ Tatsächlich sei der Bereich in den Firmen lange vernachlässigt worden, weil der Druck von Öffentlichkeit und Politik fehlte. „Die Frage der alternativen Antriebstechniken etwa ist viel zu wenig erforscht.“

Die globale Logistik sieht Arretz nicht in Gefahr. Einzelne Schritte in der Logistikkette könnten sich aber durchaus verändern. Ein Produkt müsse nicht mehr für jeden Verarbeitungsschritt über weite Strecken transportiert werden. „Das funktioniert eben nur so lange, wie der Transport unheimlich billig ist.“ Der Meinung ist auch Marion Sollbach von der Abteilung Nachhaltigkeit und Umwelt der Metro Group. „Der Druck kommt vor allem durch den Anstieg der Energiepreise“, sagt sie. „Wer seine Transportkette da nicht optimiert, hat am Ende im Wettbewerb Preisnachteile für seine Produkte.“ Deshalb sei es auch besser, seine eigene Logistikkette effizienter zu gestalten, als medienwirksam Bäume für den Klimaschutz zu pflanzen.

Auf Waren aus Übersee zu verzichten sei indes nicht machbar, sagt Sollbach. Eine der liebsten Obstsorten der Deutschen sei nun mal die Banane. „Wenn wir jetzt Bananen aus dem Sortiment nehmen, helfen wir den Anbauländern damit nicht.“ Klimaschutz sei schließlich nur Teil einer nachhaltigen Beschaffungsstrategie. Auch Kleidung oder Spielzeug werde in Europa kaum noch produziert. „Das lässt sich mittelfristig nicht einfach wieder zurückdrehen. Da stünde vieles nicht mehr im Regal.“

Die Kunden der Logistikunternehmen könnten Einfluss nehmen auf Spediteure oder Reedereien – aber nur, wenn sie zusammenarbeiten, sagt Sollbach, etwa in europaweiten Projekten wie „Sustainable Transport“. „Da ist vieles einfacher, weil die Unternehmen entlang der gesamten Lieferkette an einem Strang ziehen.“

Zitat:

“ „Der Druck kommt durch den Anstieg der Energiepreise“ “ – Marion Sollbach, Metro Group –

Quelle: Financial Times Deutschland

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