Vorbild Allianz

Nach der KKH planen weitere Krankenkassen Kooperationen mit Privatanbietern

Von Ilse Schlingensiepen, Köln

Gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherer (PKV) redeten lange Zeit am liebsten übereinander und die Schwächen des jeweils anderen. Inzwischen sprechen sie immer öfter auch miteinander. „Es gibt viele Gespräche, häufig werden sie von den Kassen initiiert“, berichtet Michael Kurtenbach, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Krankenversicherung. „Die Kassen fragen gezielt nach der Größe des Vertriebs und dem Netzwerk der Versicherer.“

Durch die künftig einheitlichen Beitragssätze suchen die Kassen verstärkt nach Differenzierungsmöglichkeiten. Dadurch, glaubt Kurtenbach, werden Vertriebe, Produkte und Leistungen der PKV für sie interessanter. „Beispiele wie die KKH/Allianz werden wir in Zukunft öfter sehen“, erwartet er.

Zum 1. April 2009 schließen sich die BKK Allianz und die Kaufmännische Krankenkasse Hannover (KKH) zusammen. Ziel ist eine strategische Partnerschaft zwischen der neuen „KKH/Allianz“ und der Allianz Private Krankenversicherung, die weit über die Vertriebszusammenarbeit bei Zusatzversicherungen hinausgeht. Die Partner wollen Versorgungsmodelle entwickeln und Direktverträge mit Ärzten und Kliniken aushandeln.

Gesetzliche und private Anbieter verfolgen das neue Konzept mit Interesse. Nachahmer soll es bereits geben. Noch bekennt sich aber niemand zu solchen Plänen. „Das ist im Moment vor allem für PKV-Unternehmen interessant, die Wachstumsschwierigkeiten haben“, sagt Roland Weber, Vorstand des Marktführers Debeka. Für sein Unternehmen sei das Modell keine Option. „Wir sind gegen eine Verwässerung der Grenzen zwischen den beiden Systemen“, betont er.

Manche Kassen sind überzeugt, dass sie von der PKV viel lernen könnten, sagt Frank Neumann, Vorstand der Direktkrankenkasse BIG. „Zum jetzigen Zeitpunkt werden solche Allianzen aber nichts bringen“, sagt er. Sowohl die Hoffnung der Kassen, über die Vertriebe der Privaten neue Kunden zu erreichen, als auch die Erwartung der PKV, über gemeinsame Verträge die Kosten bei Ärzten und Kliniken in den Griff zu bekommen, könnten sich nicht erfüllen. „Wirklich Sinn machen würde ein Zusammengehen nur, wenn die bisherigen Modelle der GKV und der PKV geopfert würden und es eine neue Form der Krankenversicherung gäbe“, sagt Neumann.

Nach Einschätzung von Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, kann die größere Nähe zwischen Krankenkassen und PKV zwar sinnvoll sein. Für seine eigene Kasse sieht aber auch er hier nicht die Zukunft. Die Fusion von Kassen könnte die Marktposition verbessern. Dabei bringe die BKK eines Versicherungsunternehmens aber nicht automatisch Vorteile. „Nicht jede Braut, die einen klangvollen Namen hat, ist eine schöne Braut.“

Quelle: Financial Times Deutschland

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