Versicherungsgebot für alle

Der Abschluss einer Krankenpolice ist seit 1. Januar Pflicht. Wer keinenVertrag hat, muss später nachzahlen

Für alle Personen, die in Deutschland ihren ersten Wohnsitz haben, gilt seit Jahresbeginn die Krankenversicherungspflicht. Sie zu ignorieren kann teuer werden. Zwar gibt es keine Straf- oder Bußgelder. Aber wer sich jetzt nicht versichert, muss später mit hohen Nachzahlungen rechnen.

Bislang galt die Versicherungspflicht nur für Personen, die in die gesetzlichen Krankenkassen gehören. Jetzt erstreckt sie sich auch auf den Kreis, für den die privaten Krankenversicherer (PKV) zuständig sind, also vor allem Selbstständige, Gutverdiener und Beamte.

Nicht versichert sind keineswegs, wie gemeinhin angenommen, nur Obdachlose oder sozial Gestrandete. Manch einer mit hohem Einkommen ist davon überzeugt, kerngesund zu sein, und verzichtet aus Prinzip auf den Abschluss einer Krankenpolice. Fehlender Schutz droht auch Personen, die über ihren Partner versichert waren, nach einer Scheidung. Wird die Trennung rechtskräftig, erlischt die Mitversicherung. Die Versicherungspflicht gilt nicht für Zahnbehandlung und Zahnersatz.

Auf den ersten Blick hat es keine Folgen, wenn die neue Auflage ignoriert wird. „Nicht krankenversichert zu sein ist keine Ordnungswidrigkeit“, sagt eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums. „Es wird auch nicht mit einem Bußgeld belegt.“ Es gibt keine Stelle, an die Ärzte oder Kliniken Patienten ohne Versicherung melden. Wer will, kann seine Arzt- oder Klinikrechnung ohne jede Sanktion weiterhin selbst bezahlen. Aber: Ein einziger Tag auf einer Intensivstation kann bis zu 10 000 Euro kosten. Bei einer längeren, schweren Erkrankung schmilzt das Vermögen schnell.

Der Grund für das Fehlen von Sanktionen: Hinter der Pflicht steckt das Recht auf Versicherungsschutz, das der Gesetzgeber durchsetzt, denn Kassen und private Anbieter müssen Kunden annehmen. Ob jemand von einer gesetzlichen Kasse oder einer privaten Versicherung aufgenommen werden muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa wo er früher versichert war oder ob er selbstständig ist. Als Faustregel gilt: Einmal privat, immer privat.

Schließen Kunden noch im Januar eine private Police ab, müssen sie auch nur ab jetzt Prämien zahlen. Ab Februar müssen Neukunden rückwirkend zum 1. Januar 2009 Beiträge entrichten. „Der Versicherer kann die Beiträge für maximal fünf Jahre rückwirkend einfordern“, sagt ein Sprecher des PKV-Verbands. Bei der Berechnung der Beitragshöhe wird die Prämie für den neuen Basistarif der privaten Krankenversicherer herangezogen. Der Beitrag entspricht dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenkassen. Das sind zurzeit 569,63 Euro im Monat. Für die ersten unversicherten Monate wird der doppelte Beitrag fällig, ab dem sechsten unversicherten Monat muss der Kunde einen Strafzuschlag von einem Sechstel der Prämie zahlen. Er kann den Versicherer frei wählen, der Anbieter darf ihn nicht ablehnen – es sei denn, der Kunde hat Beitragsschulden bei ihm.

Das Versicherungsgebot sieht vor, dass Kunden einen Leistungsumfang einkaufen, der sowohl die ambulante als auch die stationäre Versorgung umfasst. „Gerade Personen mit höheren Einkommen haben oft Verträge, die nur die stationäre Versorgung abdecken“, sagt der PKV-Sprecher. Allerdings haben Kunden, die ihren Vertrag vor dem April 2007 abgeschlossen haben, Bestandsschutz. Wer seine Police später unterschrieben hat, sollte noch im Januar eine Ausweitung des Leistungsumfangs beantragen, sonst droht eine Nachzahlung.

Auch bei der Eigenbeteiligung der Kunden im Krankheitsfall hat der Gesetzgeber Grenzen gezogen. Bei speziellen „Großschadentarifen“ zahlt der Versicherer erst, wenn die Kosten für die Gesundheitsversorgung des Kunden einen bestimmten Betrag, meistens einige Tausend Euro, übersteigen. Bislang konnten Anbieter und Kunden die Höhe frei festlegen. „Der Selbstbehalt ist jetzt auf 5000 Euro begrenzt“, sagt der PKV-Verbandssprecher.

Kündigen können Kunden die private Krankenversicherung nur noch, wenn sie nachweisen, dass sie einen anderen Versicherungsschutz haben. Der Versicherer kann ebenfalls nicht einfach kündigen. Früher war das bereits möglich, wenn der Kunde einige Monate den Beitrag nicht zahlte.

Wer in die gesetzliche Krankenkasse gehört, muss jetzt schon mit hohen Nachzahlungen rechnen. Die Personen müssen Beiträge bis zum April 2007 nachzahlen. Wie hoch sie sind, hängt vom Einkommen des Kunden und dem Beitragssatz der jeweiligen Kasse ab. Seit 1. Januar gilt für alle Kassen der einheitliche Beitragssatz von 15,5 Prozent des Einkommens. Auch wer kein Einkommen hat oder hatte, muss zahlen. In diesem Fall gehen die Kassen von eine fiktiven gesetzlichen Mindesteinkommen aus, das 2008 bei 828 Euro lag und im kommenden Jahr 840 Euro beträgt.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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