Münchener Rück drischt auf AIG ein

Versicherungskonzern kritisiert Marktverhalten des vom Staat geretteten US-Rivalen · Vorstand kippt Gewinnziel für 2010

Von Herbert Fromme, München

Ungewöhnlich scharf und offen hat Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard Wettbewerbsverzerrungen durch Staatshilfen für Rivalen beklagt. Mit Blick auf die American International Group (AIG), die weltweit als Industrieversicherer mit den Münchnern konkurriert und von der US-Regierung mit 180 Mrd. $ gestützt wird, sagte er gestern vor Journalisten: „Wenn man diese Staatsunterstützung quasi als „AAA“-Toprating verkauft und entsprechend auftritt, ist das natürlich massiv im Markt störend.“

Die Finanzstärke – gemessen an den Bewertungen der Ratingagenturen – ist ein zentrales Wettbewerbsargument. Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek sagte, dass dieses Auftreten mit der Senkung von Preisen durch AIG einhergehe.

Nicht nur in der Industrieversicherung, auch bei der Altersvorsorge gebe es Verzerrungen durch Staatshilfe für Banken, sagte von Bomhard. „Alle, die solide gewirtschaftet haben und aus eigener Kraft die Zukunft gestalten, stehen jetzt vor der Herausforderung, dass sie mit Unternehmen konkurrieren, die unter Schutzschirmen oder sonstigen Konstruktionen arbeiten.“ Darüber will er sich auch bei der Politik beschweren.

Auch in anderen Branchen fürchten Manager Wettbewerbsverzerrungen. So hatte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann mit Blick auf die Commerzbank gesagt, die Branche müsse genau beobachten, ob sich durch Staatshilfen nicht Nachteile für all jene ergeben, die nicht von Rettungsmaßnahmen profitieren.

Die Münchener Rück hatte schon im Februar bekannt gegeben, dass ihr Gewinn von 3,8 Mrd. Euro im Jahr 2007 auf 1,5 Mrd. Euro 2008 zurückgegangen ist. Hauptgrund waren Abschreibungen auf Aktien und andere Wertpapiere. Die Gesellschaft deckt Erstversicherer wie Allianz oder Zurich gegen schwere Katastrophenschäden und andere existenzbedrohende Belastungen. Über die Tochter Ergo ist sie auch selbst als Erstversicherer im Endkundengeschäft tätig.

Bisher habe die Münchener Rück die Finanzkrise vergleichsweise gut gemeistert, sagte von Bomhard. Jetzt gehe es nicht um Gewinnmaximierung – „Kapitalerhalt ist die erste Bürgerpflicht“. Das Ziel, 2010 pro Aktie 18 Euro zu verdienen, sei nicht mehr realistisch. Auch eine Vorhersage zum Ergebnis 2009 sei angesichts der Krise nicht möglich. Zukäufe als Folge der Krise hält er aber für denkbar. Bereits im Dezember hatte der Konzern von AIG den kleinen US-Spezialanbieter Hartford Steam Boiler gekauft. Doch seien die Pakete, die von AIG angeboten würden, selbst für die Münchner zu groß.

Unzufrieden zeigte sich die Führung erneut über die Lebensversicherer, die von der Zwischenholding Ergo geführt werden. „Unser Neugeschäft 2008 war nicht zufriedenstellend“, sagte Ergo-Chef Torsten Oletzky. Bei den Gesellschaften Victoria und Hamburg-Mannheimer zusammen brach es um 10,4 Prozent auf 1,45 Mrd.Euro Neugeschäftsbeitrag ein. Mit neuen Produkten und verstärkter Differenzierung je nach Zielgruppe will Oletzky gegensteuern.

Ein Grund für die Marktschwäche ist die niedrige Verzinsung, die Victoria-Kunden von der Gesellschaft gutgeschrieben bekommen. Von Bomhard schoss gegen die Konkurrenz, die mehr bietet. „Ich habe mich über einige der Gewinnzusagen erheblich gewundert“, sagte er. „Wenn man das ökonomisch betrachtet, sollte es nur wenige Unternehmen geben, die solche Gewinnzusagen machen.“

Im Schnitt wollen die deutschen Lebensversicherer auch 2009 ihren Kunden 4,26 Prozent gutschreiben, nach 4,34 Prozent 2008. „In Deutschland bekommt man sehr wertvolle Garantien“, sagte von Bomhard.

Ein altes Leiden der Münchener Rück tauchte erneut in den USA auf: Bei der dortigen Tochter musste der Konzern die Schadenreserven für Haftpflicht-Altlasten aus dem Jahr 2001 und davor erneut massiv stärken. Zusammen mit der hohen Belastung durch die Hurrikans „Ike“ und „Gustav“ sorgte das für 503 Mio. $ Verlust bei der US-Gesellschaft, nach 169 Mio. $ Gewinn 2007.

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit