Vom Viehstall in die Versicherung

Quereinsteiger wie Landwirte oder Mediziner sind gefragt

Jahrelang war der studierte Agrarwissenschaftler Michael Wischmann jeden Tag in schweren Gummistiefeln im Stall unterwegs. Heute hat der Landwirt den Traktor gegen den Dienstwagen ausgetauscht. Er arbeitet bei der R+V Versicherung, einem Mitglied im Verbund der Volks- und Raiffeisenbanken. Die R+V versichert landwirtschaftliche Betriebe – unter anderem gegen Schäden von Schweinepest oder Maul- und Klauenseuche. Wischmann arbeitet als Quereinsteiger in der Branche. Spezialisten wie er sind bei Versicherern gefragt: Bauingenieure beraten bei Gebäudeschäden, Mediziner arbeiten in der Risikoprüfung.

Wischmann ist verantwortlich für die Versicherung von Nutztieren. Er errechnet Versicherungsprämien, reguliert Schäden und betreut Kunden. Er analysiert die Milchleistung von Kühen, Kosten für Futter und medizinische Versorgung. Wird ein Schaden gemeldet, schickt er Kollegen los, die vor Ort den Verlust begutachten. „Sie ermitteln vor Ort die Höhe der Summe, die der Versicherer übernimmt“, sagt Wischmann. Mehrere Jahre hatte er als Landwirt gearbeitet, als er auf die Stellenanzeige beim Versicherer aufmerksam wurde. „Es hat mir immer gefallen, mit Menschen zusammenzuarbeiten und gleichzeitig nahe an der landwirtschaftlichen Praxis zu sein.“

Jeden Tag kommt er mit Kollegen und Partnern zusammen. Ein Umfeld, das er als Landwirt vermisst hat. Bei der R+V Versicherung arbeiten im Innendienst rund 170 Ingenieure, Agrarwissenschaftler und Ärzte. „Sie sind bei uns angestellt und in den einzelnen Versicherungssparten fest eingebunden“, sagt Mathias Troßbach, Leiter des Personalmanagements bei R+V. „Wer sich bewirbt, sollte Fachwissen mitbringen, an wirtschaftlichen und rechtlichen Fragestellungen interessiert sein und Freude an vernetzter Projektarbeit haben.“ Wischmann musste sich erst Spezialkenntnisse im Versicherungsrecht und in versicherungstechnischen Fragen aneignen.

Gefragte Spezialisten sind auch Mediziner. Fabian Stehle arbeitet seit vier Jahren bei der privaten Krankenversicherung der Allianz. Für seinen Arbeitgeber prüft der Arzt, ob die Kosten von stationären Behandlungen angemessen sind, organisiert Schulungen und bringt sein Wissen in besonders schwierigen Krankheitsfällen ein. 35 Ärzte sind bei der Versicherung angestellt. Viele arbeiten wie Stehle im Leistungs- und Gesundheitsmanagement, andere bearbeiten eingehende Patientenanfragen.

Stehle sieht sich selbst als Gutachter. Er prüft eingehende medizinische Befunde auf ihre Plausibilität und initiiert Kooperationen mit Kliniken und Heilbehandlungszentren. Schwer fällt ihm manchmal, wenn er Einschätzungen abgeben muss, ohne Patienten persönlich zu kennen. „Einerseits möchte ich, dass der Patient die bestmögliche Behandlung bekommt, andererseits muss diese auch medizinisch wirklich notwendig sein.“ Bisher sei ihm der Spagat aber immer gelungen.

Anne-Christin Gröger

Quelle: Financial Times Deutschland

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