Im Zweifel für den Schnelleren

Wer sich scheiden lässt, sollte auch an Änderungen bei der Lebensversicherungdenken – sonst kassiert der Ex-Partner

Wer eine Lebensversicherung abschließt, hat eine klare Vorstellung darüber, wer nach seinem Tod das Geld bekommt: selbstverständlich derjenige, den er als Bezugsberechtigten angibt. Aber wenn es schlecht läuft, kassiert nicht diese Person, sondern der Erbe. Gefährlich ist es etwa, nach einer Trennung die begünstigte Person auszutauschen und dem neuen Bezugsberechtigen davon nichts zu sagen. Dann bekommt möglicherweise doch der oder die ungeliebte Ex das Geld.

„Gehört der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung nicht zu den Erben, kann es nach dem Tod des Versicherungsnehmers unter Umständen zu einem Wettlauf der Hinterbliebenen um die Auszahlung kommen“, warnt der Erlanger Rechtsanwalt Peter Konrad, Fachanwalt für Erbrecht und für Versicherungsrecht. Das geschah im folgenden Fall: Ein verheirateter Mann schloss eine Lebensversicherung ab und bestimmte seinen Sohn als Bezugsberechtigten. Als er sich von seiner Frau scheiden lassen wollte, tauschte er in der Police den Namen des Jungen gegen den seiner neue Lebensgefährtin aus – sagte ihr aber nichts davon. Der noch verheiratete Mann verunglückte tödlich. Seine Lebensgefährtin fand im Nachlass die Police und verständigte die Versicherung. Die wiederum forderte von ihr Vertrag und Sterbeurkunde, um die Sache prüfen zu können. In der Zwischenzeit schalteten sich die Erben des Mannes ein, die Witwe und der Sohn. Sie widerriefen die bestehende Bezugsberechtigung, die Lebensgefährtin ging leer aus. Das wollte sie nicht hinnehmen und klagte. Aber der Bundesgerichtshof sprach der Witwe und dem Sohn die Versicherungssumme zu.

Kurios: Hätte die neue Lebensgefährtin das Geld vom Versicherer erhalten, hätte sie es behalten dürfen. Für Juristen ist die Empfangsberechtigung in der Police eine Schenkung. Weiß der Begünstigte davon nichts, gilt sie als nicht vollzogen. In dem Moment, in dem der Versicherer zahlt, ist die Schenkung realisiert. Dann können die Erben nichts mehr machen – bis dahin können sie aber die Schenkung widerrufen.

Das kommt immer wieder vor, zum Beispiel wenn Erben im Nachlass Hinweise auf eine bestehende Police finden, etwa in Kontoauszügen. „Manche Erben, Nachlassverwalter oder Rechtsanwälte recherchieren auch blind und fragen bei großen Gesellschaften nach, ob dort eine Police besteht“, berichtet Günter Wagner von der Leistungsabteilung der Generali-Tochter Cosmos direkt, dem Marktführer in der Risikolebensversicherung. Erben müssen sich allerdings beeilen. Ist der Bezugsberechtigte flink und der Versicherer strengt keine umfangreichen Prüfungen an, erfolgt die Auszahlung möglicherweise schon nach einer Woche. Das ist vor allem bei lange laufenden Verträgen der Fall. Stirbt der Versicherte in den ersten Jahren nach Abschluss, stellen die Anbieter etwa Nachforschungen bei Ärzten an. Das kann dauern.

„Wir dürfen den Erben nicht sagen, wer bezugsberechtigt ist“, sagt Wagner. Aber auch ohne das zu wissen, kann die Schenkung widerrufen werden. Ist der vorgesehene Empfänger darüber informiert, dass sein Name in der Police steht, haben die Rechtsnachfolger des Verstorbenen schlechte Karten. In unklaren Fällen hinterlegt der Versicherer das Geld bei einem Amtsgericht. „Dann prüft das Gericht, wem es zusteht“, erklärt er.

Dabei können Kunden einfach verhindern, dass es Streit gibt. Sie können die Versicherung als Vermächtnis hinterlassen. Ein formelles Schenkungsversprechen ist eine weitere Möglichkeit – das muss aber notariell beglaubigt sein, sonst zählt es nicht. Bei diesen Lösungen bleibt der Versicherer aber außen vor. „Wir empfehlen, dass Bezugsberechtigte die Kenntnis darüber schriftlich bestätigen und der Versicherte uns dies schickt“, sagt Wagner. Dies sei einfach und sicher.

Eine weitere Möglichkeit ist, ein unwiderrufliches Bezugsrecht auszusprechen. Sobald das aber einmal gegeben ist, ist der Geber für immer daran gebunden. „Es ist nur mit Zustimmung des Bezugsberechtigten zu ändern“, sagt Wagner. Doch hat der Geber einen guten Grund, den ursprünglichen Empfänger auszutauschen, hat der meistens auch einen Anlass, damit nicht einverstanden zu sein. Ein einfaches Bezugsrecht kann der Kunde dagegen jederzeit ändern. Konfliktscheue müssen das nicht fürchten. „Eine Änderung muss der betroffenen Person nicht mitgeteilt werden“, sagt Rechtsanwalt Konrad.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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