Lukrative Sicherheit

Lösegeldversicherungen für Mitarbeiter auf Auslandsreise haben Hochkonjunktur

Von Friederike Krieger

Am 3. August konnten die 24 Besatzungsmitglieder des Containerschiffs Hansa Stavanger endlich aufatmen. Nach vier Monaten Geiselhaft ließen die Piraten sie gegen ein Lösegeld von 2,8 Mio. $ frei. Die Freibeuter hatten das Schiff Anfang April 400 Meilen vor der somalischen Küste gekapert und verschleppt.

Nicht nur Seeleute sind potenzielle Kidnappingopfer. Auch Geschäftsleute auf Auslandsreise sind dieser Gefahr ausgesetzt. „Seit den 90er-Jahren ist das Risiko, auf einer Geschäftsreise entführt zu werden, kontinuierlich gestiegen“, sagt Marco Henrique von der Nassau Versicherung. Bei der niederländischen Gesellschaft können Unternehmen spezielle Lösegeldversicherungen für ihre Mitarbeiter abschließen.

Allein im Jahr 2008 wurden weltweit rund 15 000 Entführungen gezählt. „Die Dunkelziffer liegt weitaus höher“, sagt Henrique. Als Regionen mit erhöhtem Risiko gelten Lateinamerika, der Mittlere und Ferne Osten, Afrika sowie Asien. Aber auch in Osteuropa nehmen die Fälle von Kidnapping zu. Die Entführer verlangen zum Teil zweistellige Millionenbeträge. „Die Absicherung des finanziellen Risikos ist daher von enormer Wichtigkeit“, mahnt Henrique.

Die Lösegeldpolicen decken nicht nur die Zahlung dieser hohen Summen ab. Die Versicherer stellen dem Unternehmen auch einen Krisenberater zur Seite, der die Firma bei Präventionsmaßnahmen berät und im Ernstfall die Lösegeldverhandlungen übernimmt. In der Regel decken die Policen auch Reisekosten für die Angehörigen und Ausgaben für medizinische und psychologische Betreuung ab.

Die sogenannten Kidnapping & Ransom-Versicherungen (K&R) verkaufen sich gut. „Im Zuge des weltweiten Anstiegs der Fälle wächst die Nachfrage kontinuierlich“, sagt Henrique. Zahlen möchte er nicht nennen. Der Verkauf der Policen ist ein verschwiegenes Geschäft. Bis 1998 waren sie in Deutschland verboten. Die Finanzaufsicht befürchtete, dass die Versicherungen Entführer anstacheln könnten. Auch jetzt gelten noch strenge Auflagen. So dürfen die Versicherer die Policen nicht aktiv bewerben. Die Versicherungsunterlagen lagern im Tresor statt im Computer, und auch im Unternehmen dürfen nicht mehr als drei Personen über den Vertrag Bescheid wissen.

Platzhirsche bei den K&R-Policen sind ausländische Versicherer wie die auf den Bermudas ansässige Gesellschaft Hiscox und die amerikanischen Versicherer Chubb und AIG. Aber auch einige deutsche Versicherer wie HDI-Gerling und die Allianz bieten die Verträge an.

Das Geschäft gilt als äußerst rentabel. Die Schäden sind gering. „Die Krisenberater drücken die Lösegeldsumme in den Verhandlungen oft stark“, sagt Stefan Wolfert vom Versicherungsmakler Südvers. Eine Police für 8000 Mitarbeiter mit einer Deckung von 10 Mio. Euro sei für rund 13 000 Euro Jahresprämie zu haben.

Auch der zum Rückversicherer Münchener Rück gehörende Assistance-Dienstleister Almeda will am Geschäft mit der Sicherheit verdienen. Normalerweise organisiert Almeda im Auftrag von Reiseversicherern den Krankenrücktransport, hat seit einigen Jahren aber auch Travel- Risk-Management für Unternehmen im Angebot. Die Gesellschaft versorgt die Firmen mit Informationen zu den Reiseländern, schlägt Alarm, wenn es dort zu Unruhen kommt, und hilft den Betrieben, die Reisenden im Krisenfall zu orten. „Vor allem nach großen Ereignissen wie den Terroranschlägen in Mumbai steigt die Nachfrage nach Travel-Risk-Management sprunghaft an“, sagt Nicole van der Mey von Almeda.

Bisher hatte es die Gesellschaft erst mit einem Fall von Express-Kidnapping in Brasilien zu tun. Dabei klappern die Entführer mit der Geisel Geldautomaten ab und zwingen sie, ihr Konto zu plündern.

Quelle: Financial Times Deutschland

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