Fonds mischen sich bei Betriebsrente ein

Lobbyverband BVI wirbt für Direktanlage · Neue Konkurrenz zu bestehendenProdukten · Branche kämpft mit Absatztief

Die betriebliche Altersversorgung gilt als ausgesprochen attraktiv – für Angestellte, für Arbeitgeber und erst recht für die Anbieter. Letztere sind vor allem Banken und Versicherer. Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) hat jetzt eine Idee ins Spiel gebracht, um der unter Absatzschwund leidenden Fondsbranche auch noch ein Stück von diesem Kuchen zu sichern: die Direktfondsrente. Bis der erste Vertrag auf den Markt kommt, dürfte allerdings noch viel Zeit vergehen.

In der bunten Welt der Betriebsrenten gibt es bereits etliche Möglichkeiten, in Fonds zu investieren. Früher zahlten vor allem die Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung. Vielerorts gibt es solche Systeme noch, auf dem Vormarsch ist aber eine andere Variante.

Seit 2002 haben Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf eine Betriebsrente – die sie selbst zahlen. Der Arbeitgeber muss diese „Entgeltumwandlung“ ermöglichen. Das heißt, Angestellte müssen Teile ihres Bruttogehalts in einen Vertrag für eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds stecken können. Bei diesen Verträgen müssen die Anbieter eine Mindestleistung zusagen. Für die in den Vertrag fließenden Beiträge zahlen weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer Sozialabgaben, Beschäftigte auch keine Einkommenssteuern. Dafür wollen Fiskus und Sozialkassen zwar im Alter Geld sehen. Weil die Einnahmen dann meistens aber geringer sind als im Erwerbsleben, lohnt sich der Aufschub. Außerdem sind Verträge für Betriebsrenten häufig viel kostengünstiger und renditestärker als für die private Altersvorsorge. Allerdings ist beim Wechsel des Arbeitgebers die Mitnahme der angesparten Erträge oft nicht so einfach und reibungslos, wie die Verkäufer es glauben machen wollen.

Mit der Reform von 2002 hat der Gesetzgeber neue Möglichkeiten geschaffen, wie Beschäftigte stärker in Aktien und andere chancenreiche Anlagen fürs Alter investieren können. Neben der traditionellen Direktversicherung – einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Lebensversicherung – und der Pensionskasse ist da der Pensionsfonds. Während die Kapitalanlage bei der Direktversicherung Teil der gesamten Anlagepolitik des Anbieters ist, ist die Pensionskasse in sich abgeschlossen. Hier ist eine kapitalmarktnahe Anlage möglich, die Anbieter mischen sichere und riskante Anlagen, um ihre Zusagen für die Mindestrente halten zu können. „Beim Pensionsfonds werden Garantien direkt über die Kapitalanlage hergestellt“, erklärt Stefan Suhre vom Pensionsberater Longial, der zur Munich Re gehört. Der Anbieter investiert zum Beispiel in Garantiefonds. Im Zuge der Finanzkrise hat die Attraktivität kapitalmarktnaher Investitionen für die Betriebsrente allerdings gelitten. „Über die Mindestleistung hinaus sind teilweise nicht die Gewinne realisiert worden, die man sich erhofft hat“, sagt Suhre.

Der Fondsverband BVI stemmt sich diesem Trend entgegen. Er will mit seinem Vorstoß für die Direktfondsrente die unmittelbare Anlage in Investmentfonds für die Betriebsrente ermöglichen. „Es geht darum, die bisherige Direktversicherung um eine Variante zu ergänzen“, sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Stefan Seip. Die Prämien für den Vertrag würde der Arbeitgeber also nicht einem Versicherer, sondern einer Investmentgesellschaft zahlen. Der Arbeitnehmer soll vom Anbieter die Garantie erhalten, dass bei Rentenbeginn mindestens die eingezahlten Beiträge zur Verfügung stehen. Würde die Investmentgesellschaft pleitegehen, wäre das Kapital nicht gefährdet, weil es als Sondervermögen geführt wird, sagt Seip.

Das Kapitalmarktrisiko will der BVI nach demselben Modell absichern, mit dem Investmentgesellschaften private Riester-Renten gestalten. Dafür hat die Finanzaufsicht BaFin eine Formel entwickelt. Danach muss das Vermögen für den späteren Rentner stets einem Barwert entsprechen, der durch Umschichten in sichere Bundesanleihen das für den Ruhestandsbeginn versprochene Kapital garantieren würde. Die Gesellschaften müssen diese Umschichtung aber nicht vornehmen. Sie können eine entstehende Differenz mit Eigenkapital unterlegen.

„Die Direktfondsrente wird vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen attraktiv sein“, sagt Seip. Er glaubt, dass die Angebote renditestärker und weniger bürokratisch sein werden als die heute verfügbaren. Bevor die ersten Verträge auf den Markt kommen, muss aber das komplexe Betriebsrentenrecht angepasst werden. „Wir haben darüber bereits mit Politikern gesprochen“, sagt Seip. „Die Resonanz stimmt uns zuversichtlich.“

Für interessierte Anleger hat die betriebliche Altersversorgung grundsätzlich einen Haken: Der Arbeitgeber entscheidet nämlich über die Auswahl des Vertrags, sowohl was die Art als auch was den Anbieter betrifft. Dafür haftet er im Gegenzug, wenn der Anbieter sein Versprechen nicht hält. „Oft haben Arbeitnehmer die Auswahl zwischen verschiedenen Angeboten“, sagt Longial-Geschäftsführer Suhre. Das gilt vor allem für Beschäftigte großer Firmen. „In größeren Unternehmen gibt es den Trend, für leitende Angestellte ausgefallene Produkte anzubieten, die Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Anlagestrategien eröffnen“, berichtet Suhre. Dabei handelt es sich meist um Verträge, die eine Basisversorgung mit Zusatzbausteinen für riskantere und chancenreichere Anlagen vorsehen.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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