Schwarz-Gelb lässt Private hängen

Krankenversicherer setzten hohe Erwartungen in den Regierungswechsel -vergebens

Von Ilse Schlingensiepen

Auf August Baron von Finck sind die privaten Krankenversicherer (PKV) nicht gut zu sprechen. Mit seiner Millionenspende an die FDP hat der Mehrheitseigner der Mövenpick-Hotelkette die Debatte über die Klientelpolitik der Freidemokraten angestoßen. Die Folge: Trotz politischen Wohlwollens unternimmt FDP-Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler derzeit nichts, was wie ein Geschenk an die PKV aussehen könnte. Die Branche wiederum will den Minister nicht durch offensive Forderungen unter Druck setzen.

Zwar hat Rösler den stellvertretenden Direktor des PKV-Verbands Christian Weber zum Abteilungsleiter für Grundsatzfragen in seinem Ministerium gemacht. Die Lobby-Arbeit der PKV könnte das aber sogar erschweren, glauben Branchenvertreter. „Weber wird sich schwer tun, etwas für die PKV zu tun, weil er sehr viel kritischer in dieser Position beäugt wird als jeder andere“, sagt Namensvetter Roland Weber, Vorstand des PKV-Marktführers Debeka.

Die hohen Erwartungen der PKV an einen Regierungswechsel schienen sich zunächst zu erfüllen. Im Koalitionsvertrag sprechen sich Union und FDP explizit für den Erhalt der PKV als Voll- und Zusatzversicherung aus. Zudem kündigen sie an, dass sie die sogenannte Drei-Jahres-Grenze kippen wollen. Seit 2007 können gut verdienende Angestellte erst dann von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in das private System wechseln, wenn ihr Verdienst mindestens drei Jahre lang über der Versicherungspflichtgrenze lag – zurzeit 49 950 Euro im Jahr. Bis jetzt hat die Regelung trotzdem Bestand, eine Gesetzesänderung ist nicht in Sicht.

Dennoch ist Volker Leienbach, Direktor des PKV-Verbands, optimistisch. „Der Koalitionsvertrag schafft eine stabile Basis und zeigt, dass die Branche Zukunft hat“, sagt er. Die geplante Abschaffung der Drei-Jahres-Regel sei ein eindeutiges Signal.

Debeka-Vorstand Weber erwartet die Umsetzung bis spätestens zum 1. Januar 2011. „Das Thema ist wichtiger für die Glaubwürdigkeit der Regierung als für die Zukunftsfähigkeit der PKV“, sagt er. An zwei Stellen bestehe viel größerer Handlungsbedarf für die Politik. Wie die Krankenkassen bräuchten die Privatversicherer wirksame Instrumente, um die Kostensteigerungen in den Griff bekommen zu können, sagt Weber.

Die Unternehmen müssten endlich die Chance erhalten, direkte Verträge mit Ärzten oder Krankenhäusern abzuschließen. Anders als die Kassen darf die PKV das bislang nicht. Aktiv werden könne die Regierung etwa bei der längst überfälligen Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte, sagt er. Hier müsse sowohl bei der Struktur als auch dem Honorarniveau dringend etwas passieren.

Außerdem muss nach Ansicht des Versicherungsmanagers die Krankenversicherung für Kinder im gesetzlichen und im privaten System künftig gleich behandelt werden. Zurzeit sind Kinder in der GKV – durch Steuermittel – beitragsfrei mitversichert, während in der PKV eigene Beiträge fällig werden.

Der Umstieg von einkommensabhängigen Beiträgen auf Kopfpauschalen in der GKV könnte der PKV das Leben schwer machen, erwartet der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem. Bei einer günstigen Prämie ist für viele der Verbleib in der GKV finanziell günstiger. „Jeder Schritt in Richtung Prämienmodell macht die PKV unattraktiver, zumindest solange sich an der beitragsfreien Mitversicherung nichts ändert“, sagt er.

Der Regierungswechsel habe der Branche zwar den Vorteil gebracht, dass sie nicht mehr von der Bürgerversicherung bedroht wird, die die SPD favorisiert, sagt Wasem. „Es ist aber weder gesichert, dass die Politik die Marktchancen der PKV verbessert, noch dass sich die PKV auf dem Markt behaupten kann.“

Quelle: Financial Times Deutschland

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