Lukratives Geschäft mit Fördermitteln

Das Angebot an Förderprogrammen ist unübersichtlich, die Anträge kompliziert.Das schreckt viele Mittelständler ab. Dienstleister helfen überforderten Firmenbei der Wahl des richtigen Programms – und kassieren dabei kräftig ab

Robert Hartmann und sein Partner Mirko Schmidt sind weitsichtige Geschäftsleute. Vor sieben Jahren hatten sie den Plan, einen Handel mit Gold, Platin und anderen Edelmetallen zu eröffnen. Eine gute Idee, die derzeit Erfolg hat: Gerade in der Krise sind Gold und Silber bei Anlegern so beliebt wie nie. „Es fehlte uns damals an Geld, um einen ersten Bestand an Edelmetallen zu erwerben“, sagt Hartmann. „Weil Gold und Silber teuer sind, hätten wir die Ausgaben aus unserem privaten Vermögen niemals selbst tragen können.“

Ein Bekannter half ihnen auf die Sprünge. Der Wirtschaftsprüfer, der bei der LfA Förderbank Bayern als Berater arbeitete, machte sie auf ein Gründerdarlehen des Kreditinstituts aufmerksam und unterstützte sie dabei, einen Kapitalvorschuss zu beantragen. Damit konnten sie einen ersten Bestand an Gold und Silber kaufen und den Grundstein für ihr heutiges Unternehmen Pro Aurum in München legen. Inzwischen arbeiten 92 Beschäftigte bei Pro Aurum an sechs Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Allein wären die beiden Geschäftsleute nicht auf die Idee gekommen, Gelder aus öffentlicher Hand zu beantragen. Zu kompliziert erschien ihnen die Prozedur, zu unübersichtlich das Angebot. „Ohne die Hilfe unseres Bekannten, der sich mit der Vergabe auskennt, hätten wir sicherlich niemals einen Kredit beantragt“, sagt Hartmann.

Um Arbeitsplätze zu schaffen und zukunftsträchtige Entwicklungen zu fördern, stellen Bund, Länder und die Europäische Union kleinen und mittleren Betrieben jede Menge Zuschüsse und günstige Darlehen zur Verfügung. Allein die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), in der alle Angebote aufgelistet sind, zeigt über 300 Einträge. Firmen können bei Liquiditätsengpässen Hilfe beantragen, aber auch für die Entwicklung innovativer Ideen oder bei Existenzgründungen. Umso komplizierter ist es für ein Unternehmen, genau das Programm zu finden, das zu ihm passt. Aus diesem Grund lassen viele kleinere Betriebe, die keine eigenen Fördermittelabteilungen haben, die Chance auf staatliche Unterstützung ungenutzt.

Diese Marktlücke haben Unternehmensberater und andere Spezialisten für Fördermittel entdeckt. Sie werben damit, dass sie einen guten Überblick über die möglichen Alternativen haben und bieten ihren Kunden an, das für sie geeignete Programm zu finden. Gleichzeitig helfen sie bei der Antragstellung. Gerade für den Mittelstand sei das interessant, sagt Fördermittelberater Bernhard Jöckel aus Darmstadt. „Je kleiner ein Betrieb ist, desto schwieriger ist es für ihn, sich im Förderdschungel zurechtzufinden.“

Er ist auf Finanzierungsmöglichkeiten für Forschungsprojekte spezialisiert, bei denen Mittelständler mit wissenschaftlichen Einrichtungen zusammenarbeiten. Er hilft Unternehmen aber auch dabei, Mittel für Beratungsleistungen zu beschaffen, wenn eine Firma ins Ausland expandieren oder sich mehr im betrieblichen Umweltschutz engagieren will.

Doch nicht nur kleine Expertenbüros wie das von Jöckel sind im Fördermittelgeschäft. Auch große Beratungsfirmen wie PricewaterhouseCoopers (PwC) bieten ihre Dienste an. PwC etwa agiert als Mandatar für sieben Bundesländer. Sie haben die Verwaltung ihrer Förderprogramme an das Unternehmen delegiert. Wer auf Fördermittel zurückgreifen will, kann sich gleichzeitig von PwC beraten lassen. Ein Berater begleitet dann den Kunden in das erste Gespräch mit der Hausbank und der Förderbank.

„Das erste Gespräch ist für den Betrieb kostenlos“, sagt Peter Bartels von PwC. „Dann wird meistens schon deutlich, ob ein Projekt Aussicht auf Erfolg hat oder nicht.“ Sobald der Antrag gestellt ist, müssen die Firmen jedoch für die Beratungsleistung zahlen – und das nicht zu knapp. Das Honorar orientiert sich bei Krediten an dem zu verbürgenden Darlehensbetrag, bei Zuschüssen nach dem Fördervolumen. PwC verlangen zwischen 0,5 Prozent und einem Prozent des Kreditbetrags. Das wären bei einem Darlehen von 10 Mio.Euro immerhin 100 000 Euro.

Egal ob Firmen einen Fördermittelberater engagieren oder nicht – sie müssen sich immer auf bürokratische Hürden gefasst machen. Das ist unvermeidbar, sagt Klaus Bielstein von der NRW-Bank. „Bei den Bankbürgschaften sind es Steuergelder, die verteilt werden“, sagt er. „Der Steuerzahler hat ein Recht darauf, dass wir die Mittel nicht leichtsinnig vergeben.“

Jedes Detail des Antrags wird geprüft. „Die Frage, wie wichtig das Unternehmen für die Region ist, und wie viele Arbeitsplätze durch eine Kreditvergabe gesichert werden, ist genauso von Bedeutung wie die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projektes“, sagt Bartels. Firmen sollten also immer gut vorbereitet in die Gespräche mit der Hausbank gehen.

Doch längst nicht alle Unternehmer nehmen die Hilfe von Fördermittelberatern in Anspruch. Jens Kröhnert, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Stolpen aus der Nähe von Dresden, beispielsweise sagt: „Ich bin zu sparsam dafür. Berater kosten nur Geld, das ich anderswo besser verwenden kann.“ Sein Betrieb mit 50 Mitarbeitern stellt Landmaschinen her.

Bisher war er auch ohne Beratung immer erfolgreich. Siebenmal hat er bereits öffentliche Fördermittel beantragt und für einen Silierwagen sogar schon einmal den Sächsischen Innovationspreis gewonnen. Gerade hat der Betrieb eine neue Maschine entwickelt, eine Strohpresse, die leistungsfähiger ist als frühere Modelle. Mit seinem neuesten Projekt will er die Grasernte mit großen Landmaschinen erleichtern. Die Sächsische Aufbaubank, so hofft er, wird ihn dabei unterstützen. Kröhnert ist überzeugt: Auf die Eigeninitiative kommt es an – nicht auf Berater.

Anne-Christin Gröger

Quelle: Financial Times Deutschland

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