Ergo laufen die Mitarbeiter weg

Statt 1800 wollen 2100 Angestellte den Versicherer verlassen ·Munich-Re-Tochter muss jetzt sogar wieder neu einstellen

Von Herbert Fromme, Hamburg

Beim Düsseldorfer Versicherer Ergo wollen mehr Mitarbeiter das Unternehmen im Rahmen eines Sozialplans verlassen, als ihm lieb ist. Der zum Rückversicherer Munich Re gehörende Konzern hatte geplant, bis Ende 2010 die Zahl der Beschäftigten um 1800 zu senken.

Nach FTD-Informationen fanden aber 2100 Mitarbeiter das Angebot so attraktiv oder die Arbeitsbedingungen dermaßen unattraktiv, dass sie sich entschieden zu gehen. Jetzt muss die Munich-Re-Tochter in Kernpositionen neu einstellen oder versuchen, mit weniger Mitarbeitern auszukommen als selbst nach dem knappen neuen Stellenplan vorgesehen.

Ergo steckt mitten in einem weitreichenden Umbauprozess. Am 19. Juni beginnt die Umstellung der Hauptmarken Victoria und Hamburg-Mannheimer auf die neue Marke Ergo Versicherungen. Innerhalb von vier Wochen werden 1740 Ladengeschäfte und 1000 Kleinagenturen umdekoriert. Unter ihrem Vorstandsvorsitzenden Torsten Oletzky will die Düsseldorfer Gruppe die Kosten um rund 180 Mio. Euro senken, auch um Gewinnerwartungen aus München zu erfüllen. Insgesamt soll es bei dem geplanten Abbau von 1800 Stellen bleiben. Weltweit beschäftigte Ergo Ende 2009 rund 33 000 Angestellte, davon 20 400 in Deutschland und 22 000 hauptberufliche Vertreter, davon 12 800 hierzulande.

Vor allem in der IT und in anderen Zentralabteilungen kneife es spürbar, berichten Ergo-Mitarbeiter. Die gerade eingeführte Markenstrategie habe auch eine Rolle gespielt, sagte ein leitender Angestellter. „Da fühlen sich viele nicht mehr zu Hause.“

Das Unternehmen spielte das Problem herunter. „Die geplanten Maßnahmen zum Personalabbau liegen im Plan und werden zum Jahresende wie vorgesehen sozialverträglich abgeschlossen sein“, sagte ein Sprecher. Die Angebote – vor allem der Vorruhestand – seien „positiv angenommen“ worden. Verklausuliert gestand der Versicherer ein, dass wertvolle Mitarbeiter gegangen sind. Ergo habe jetzt den Spielraum, „benötigtes Spezial-Know-how durch externe Einstellungen selektiv anzubauen“.

Verdi-Funktionär Richard Sommer, der für die Dienstleistungsgewerkschaft im Ergo-Aufsichtsrat sitzt, vermutet Zukunftsängste bei Mitarbeitern als Grund für den Exodus. „Viele gehen offenbar lieber jetzt zu den ausgehandelten Bedingungen, als später Opfer einer möglichen weiteren Rationalisierungsmaßnahme zu werden.“ Verdi hatte 2008 und 2009 mit Betriebsräten Protestkampagnen gegen den Stellenabbau organisiert und Sozialpläne ausgehandelt.

Als Holding besteht die Ergo seit 1997, sie war aber mit dem Namen in Deutschland bislang nicht als Versicherer tätig. Das Management hatte lange der Mehrmarkenstrategie die Treue geschworen, jetzt aber werden verschiedene Markennamen durch Ergo Versicherungen ersetzt. Die Werbeikone Herr Kaiser geht im Juli in den Ruhestand. Der Krankenversicherer DKV und der Rechtsschutzspezialist DAS behalten dagegen ihre Namen.

Den Direktanbieter KarstadtQuelle Versicherungen, der nur per Post, Telefon und Internet verkauft, hatte der Konzern bereits im Februar dieses Jahres in Ergo Direkt umbenannt.

Offiziell führte der Konzern Probleme mit dem Image der KarstadtQuelle-Marke als Grund für den Gesamtumbau an. Tatsächlich löst Oletzky durch den Schritt ein viel gravierenderes Problem – er legt die kaum noch konkurrenzfähige Victoria Lebensversicherung für das Neugeschäft still.

Die Gesellschaft schreibt ihren Kunden nach hohen Verlusten in der Aktienkrise seit Jahren weniger Zinsen gut als Rivalen und hat deshalb einen schweren Stand im Markt. Die neue Namensstrategie erlaubt dem Ergo-Vorstand die vergleichsweise unauffällige Schließung des Unternehmens für das Neugeschäft.

Der Konzern ändert den Namen der Hamburg-Mannheimer in Ergo Lebensversicherung, künftig verkaufen alle Vertreter des Konzerns deren Policen, gleichgültig ob sie bisher zur Victoria oder zur Hamburg-Mannheimer gehörten.

Die beiden Schaden- und Unfallversicherer Victoria Versicherung und Hamburg-Mannheimer Versicherung werden dagegen zur Ergo Versicherung fusioniert.

Quelle: Financial Times Deutschland

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