Schutz nicht nur für daheim

Die Hausratversicherung ist kein Alleskönner. Aber sie deckt mehr Fälle ab,als viele Kunden wissen

Die Juristin wollte nach der Arbeit noch schnell in die Reinigung. Doch als sie im Parkhaus ihr Auto erreichte, war es aufgebrochen, und die vier Tüten mit den Kostümen waren weg. Glück im Unglück: Sie bekam das Geld für vier nagelneue Kostüme – von ihrem Hausratversicherer.

„In vielen Fällen ist Kunden nicht klar, dass sie einen Verlust von der Hausratversicherung ersetzt bekommen, und zwar zum Neuwert“, sagt der Hannoveraner Fachanwalt für Versicherungsrecht Jens Tietgens. Die Hausratpolice ist die verbreitetste Versicherung, drei von vier Haushalten haben eine. Das ist kein Wunder, denn selbst die versicherungskritischsten Verbraucherschützer raten ohne Wenn und Aber zum Abschluss. Außerdem sind Verträge nicht teuer.

Für die Assekuranz sind die Policen trotzdem ein sehr gutes Geschäft. Sie sind nicht nur die populärsten Verträge, sie haben auch die geringste Schadenquote. Denn die Verträge sind beileibe keine Alleskönner. Wer sich gegen Naturgefahren wie Erdbeben oder Überflutung schützen will, braucht eine spezielle Zusatzdeckung. Versichert ist nur, was im Vertrag steht. Das sind zum Beispiel Schäden durch Einbruchdiebstahl, Raub, Blitzschlag, Leitungswasser oder Feuer. Aber: Hinter diesen Begriffen steckt mehr, als vielen Kunden klar ist.

Diebstahl Im Falle der Juristin mit den gestohlenen Kostümen hatte der Täter einen sogenannten Behältnisdiebstahl begangen. Der Hausratversicherer leistet nicht nur, wenn der Kunde in den eigenen vier Wänden bestohlen wird. Wird Eigentum bei einem Einbruch aus verschlossenen Gebäuden entwendet, ist es versichert. Hätte der Wagen der Juristin auf einem bewachten Freiluftparkplatz gestanden, wäre sie leer ausgegangen.

Auf Reisen Kunden nehmen den Schutz der Police mit in den Urlaub. Werden Skier aus dem verschlossenen Keller des Hotels entwendet, zahlt der Versicherer. Das gilt ebenfalls für Gepäck, das aus dem – verschlossenen – Hotelzimmer oder Appartement entwendet wird. Vor den Ferien in Übersee sollten Urlauber prüfen, ob ihre Police einen europa- oder weltweiten Schutz hat. Einschränkungen gibt es allerdings bei Reisen auf dem Schiff – denn das ist kein Gebäude.

Raub Auch wer außerhalb seiner Wohnung überfallen und beraubt wird, hat Anspruch auf Entschädigung durch den Hausratversicherer. Voraussetzung ist allerdings die Anwendung oder die Androhung von Gewalt. Sonst handelt es sich nach dem Verständnis von Assekuranz und Polizei um einen Diebstahl, der nicht versichert ist. Der Kunde muss den Raub anzeigen, um ihn geltend machen zu können.

Besuch Die Hausratversicherung erstreckt sich nicht nur auf den eigenen Besitz. Stiehlt ein Einbrecher das Eigentum von Gästen, ist auch das versichert. Für die Schadenregulierung gelten dieselben Voraussetzungen wie bei einem eigenen Schaden. Für den bei der Party verschwundenen Pelzmantel kommt der Versicherer nicht auf, weil es keinen Einbruch gab. Aber wenn ein Einbrecher die Nerzstola der Oma mitnimmt, möglicherweise schon. Entscheidend sind die Bestimmungen und Grenzen zu Wertsachen im Vertrag.

Tiere Auch wenn es die Trauer wohl kaum lindern wird: Kommt bei einem Feuer die teure Perserkatze oder der edle Zuchthund um, ersetzt der Versicherer den materiellen Schaden und zahlt den Preis für einen Ersatz.

Küche Allerdings leistet die Police unter Umständen auch weniger, als der Kunde annimmt. Bauen Mieter teure Gegenstände wie eine Küche, eine Heizung oder Möbel ein, kann es Abgrenzungsprobleme zwischen Hausrat- und Wohngebäudeversicherung geben, warnt Anwalt Tietgens. Die Hausratversicherung ist grundsätzlich für den Inhalt der Wohnung zuständig, die Gebäudeversicherung für das Haus und sämtliche fest dazugehörenden Gegenstände. Deshalb ist sie Sache des Eigentümers. Dabei gilt das Ausschlussprinzip. „Ein Gegenstand kann nicht gleichzeitig in beiden Verträgen versichert sein“, sagt er. Der Rechtsprechung zufolge ist eine Einbauküche Hausrat, wenn sie aus serienmäßig hergestellten Einzelteilen zusammengesetzt ist. Sie wird dann zu einem Fall für die Gebäudeversicherung, wenn sie individuell auf den Raum zugeschnitten wird. Weil die Übergänge fließend sind, rät der Anwalt, den Versicherungsschutz auf jeden Fall zu prüfen und eine ausdrückliche Regelung zu treffen, in welchem Vertrag das Risiko gedeckt werden soll. Nach seiner Auffassung haben Mieter einen Anspruch darauf, in die Wohngebäudepolice des Eigentümers zu blicken.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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