Swiss Re hofft auf Sonderkonjunktur

Rückversicherer will an neuen Eigenkapitalregeln verdienen · Rückkehr inGewinnzone

Von Herbert Fromme, Zürich

Niedrige Zinsen und neue Aufsichtsregeln sorgen dafür, dass die Nachfrage nach Rückversicherung dramatisch zunehmen wird. Das sagte Stefan Lippe, Chef des Rückversicherers Swiss Re, der FTD. „Die Unternehmen warten jetzt ab, wie die letzten Tests für die Eigenkapitalregeln Solvency II verlaufen“, sagte Lippe. Im April 2011 werde die EU-Kommission dann die endgültigen Vorschriften zur Umsetzung von Solvency II erlassen. „Und dann wird es eine kräftige Nachfrage nach Bilanzhilfen geben“, sagte er.

Der erwartete Boom werde „ein Markt der großen Rückversicherer sein“, sagte Lippe voraus. Schließlich gehe es nicht um kleine Verträge, sondern auch um Milliardenprogramme. Die kommenden Jahre werden seiner Ansicht nach eine deutliche Konsolidierung in der Assekuranz bringen. Swiss Re – nach Munich Re die Nummer zwei in der Welt – sei dafür gut aufgestellt.

Rückversicherer decken Erstversicherer wie Allianz oder Zurich, die ihrerseits mit Endkunden Geschäfte machen, gegen Großschäden ab, stellen aber auch Bilanzhilfe bereit. Ein Erstversicherer benötigt je nach übernommenen Risiken ein bestimmtes Niveau an Eigenmitteln. Rückversicherung kann wie Eigenkapital eingesetzt werden. Wenn der Rückversicherer ein Risiko übernimmt, benötigt der Erstversicherer weniger Kapital.

Heute seien die niedrigen Zinsen ein Hauptproblem für die gesamte Versicherungsbranche. „Wir haben 138 Mrd. Dollar Kapitalanlagen. Ein Prozent Zinsen weniger wirkt sich bei uns mit 1,4 Mrd. Dollar im Ergebnis aus“, sagte Lippe.

Jeder Versicherer rechne Zinsen in irgendeiner Form in seine Angebote für langfristige Versicherungen mit ein, etwa in der Haftpflichtdeckung. Das Problem: „Beim Neugeschäft dürfen Versicherer nicht die Rendite einsetzen, die sie mit ihren bestehenden Kapitalanlagen heute bekommen.“ Die erzielten sie für neu angelegtes Geld nicht mehr. „Und wenn man das in der Bilanz merkt, ist es schon zu spät.“

Auch für das Modell der Lebensversicherung sei das Niedrigzinsumfeld eine „Riesenbedrohung“, vor allem für Gesellschaften, die ihren Kunden Zinsgarantien gegeben haben, sagte Lippe. Swiss Re verdiente im zweiten Quartal 2010 812 Mio. Dollar und ließ damit den Verlust von 342 Mio. Dollar der Vorjahresperiode deutlich hinter sich.

Sehr gute Kapitalerträge halfen dabei, das Ergebnis trotz hoher Schadensbelastung zu erzielen. Swiss Re musste die Schätzung für die Belastung durch das Erdbeben in Chile um 130 Mio. Dollar auf 630 Mio. Dollar erhöhen, die Explosion der „Deepwater Horizon“ kostet 200 Mio. Dollar.

Trotz des verbesserten Gewinns fiel die Aktie am Donnerstag um 2,9 Prozent auf 47,5 Franken. Bei vielen Anlegern ist Swiss Re noch auf Bewährung. Sie hatte sich in der Finanzkrise mit der Absicherung von Kreditderivaten verzockt und musste eine Nothilfe von 3 Mrd. Franken von Warren Buffett in Form einer Wandelanleihe annehmen, um die Kapitalstärke für ihr gutes Rating zu behalten. Ab März 2011 kann Swiss Re zurückzahlen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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