Versicherer fürchten Milliardenlast

Verbraucherschützer wollen gegen Ratenmodell klagen

Von Herbert Fromme, Köln

D ie Verbraucherzentralen laufen Sturm gegen die Versicherungswirtschaft. Dabei geht es um die Praxis der Anbieter, Beitragszahlern zwar Ratenzahlungen zum Beispiel bei Lebensversicherungen zu erlauben – dafür aber kräftige Aufschläge zu verlangen. In einem kürzlich ergangenen Urteil des Landgerichts Hamburg sehen die Verbraucherschützer einen wichtigen Teilsieg. Sollten die Versicherer zu viel gezahlte Beiträge erstatten müssen, droht der Branche Fachleuten zufolge eine Gesamtbelastung von mehreren Milliarden Euro.

„14 Prozent Effektivzins“ Versicherungsprämien sind jährlich im Voraus fällig. Die Gesellschaften akzeptieren zwar auch monatliche, viertel- oder halbjährliche Zahlungen, lassen sich dieses Entgegenkommen in den meisten Fällen aber teuer bezahlen. Den verlangten Preisaufschlag – de facto handelt es sich um einen Zins – weisen die Anbieter aber gar nicht oder zu niedrig aus, behaupten die Verbraucherschützer. „Da ist von drei Prozent oder fünf Prozent die Rede, der effektive Jahreszins liegt aber bei 13 Prozent oder 14 Prozent“, sagte Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wäre das Verfahren transparent, so Castelló, könnten Kunden sich fragen, ob es nicht günstiger ist, einen Kredit bei einer Bank aufzunehmen, um damit die Versicherung jährlich zahlen zu können. Mit der fehlerhaften Angabe verstoßen die Versicherer ihrer Ansicht nach gegen das Verbraucherkreditgesetz und EU-Vorschriften.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat inzwischen 25 Versicherer abgemahnt und verlangt, dass diese die umstrittene Praxis bei Ratenzahlungszuschlägen ändern. Das Hamburger Landgericht lehnte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Hamburg-Mannheimer zwar ab, weil es keine Eilbedürftigkeit sah. „Aber das Gericht gab zu erkennen, dass es uns in der Sache folgt“, sagte Castelló. Nach ihrer Ansicht können Kunden sämtliche Zinsen, die vier Prozent übersteigen, zurückfordern. Zudem dürften sie Verträge, die nach 2002 geschlossen wurden, rückgängig machen.

Rückstellungen für 2010? Manager aus der Versicherungswirtschaft hingegen geben sich überzeugt, dass die Gerichte letztlich ihrer Auffassung folgen werden. Die Branche hofft auf baldige Rechtssicherheit, immerhin muss sie demnächst entscheiden, ob sie Rückstellungen für 2010 bildet. „Bisher ist aber ungeklärt, ob eine mögliche Belastung auf das Versichertenkollektiv fällt oder von den Aktionären getragen werden muss“, sagte ein Insider. Dann wären die Gewinne 2010 deutlich betroffen.

„Wir haben keine Rückstellung gebildet, weil das Verbraucherkreditgesetz auf Versicherer nicht zutrifft“, sagte ein Sprecher von Signal Iduna. „Wir haben keinen Grund, eine Zahl zu nennen, weil unsere Rechtsauffassung sicher ist“, hieß es bei Ergo. Die Versicherer verweisen auf mehrere Rechtsgutachten, die sie in Auftrag gegeben haben.

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit