Jedem Crash gewachsen

Viele Autofahrer wechseln jetzt ihre Kfz-Police. Wichtig ist nicht nur derPreis, sondern auch die Finanzstärke des Versicherers

Er war der Liebling von Preistestern und Verbraucherschützern. Immer wieder schaffte es der Autoversicherer Ineas auf einen der vorderen Plätze des bei Kunden beliebten Rankings in Verbraucherzeitschriften – wegen seiner günstigen Tarife. Doch der Versicherer hat sich mit seiner Billigstrategie in der erbitterten Preisschlacht der Kfz-Versicherer in eine aussichtslose Offensive gestürzt. Im Sommer 2010 war er pleite. Wer als Ineas-Kaskoversicherter Opfer eines Fahrzeugdiebstahls wurde oder auf eine Entschädigung wegen eines Schadens am eigenen Fahrzeug hoffte, wird so bald kein Geld sehen – wenn der Insolvenzverwalter überhaupt etwas zahlt. Immerhin: Wer einen Schaden durch einen Unfall erleidet, den ein bei Ineas versicherter Autofahrer verursacht hat, kann auf die Verkehrsopferhilfe hoffen.

Ineas ist der erste Totalschaden im seit Jahren andauernden harten Wettbewerb in der Kfz-Versicherung, möglicherweise aber nicht der letzte. Fahrzeughalter sollten bei ihrer Entscheidung die Finanzstärke eines Versicherers einbeziehen, wenn sie nicht eines Tages auf den Kosten für Ersatz oder Reparatur ihres Wagens sitzen bleiben wollen.

In diesen Wochen buhlen viele Gesellschaften um wechselwillige Kunden. In der Autoversicherung laufen die meisten Verträge am 31. Dezember aus, wer bis Ende November kündigt, kann auf jeden Fall wechseln – wenn der jetzige Versicherer die Preise erhöht hat, geht das auch noch später.

Heute zahlen Autohalter genauso viel für ihren Versicherungsschutz wie im Jahr 1982. Für Kunden, die in den Vorjahren ihre Prämien bereits deutlich senken konnten, lohnt sich ein erneuter Wechsel kaum. Das ist bei Autofahrern anders, die bislang den starken Wettbewerb überhaupt noch nicht genutzt haben. Experten empfehlen, vor einem Wechsel erst einmal bei ihrem bisherigen Versicherer nachzufragen. Aus Angst, Kunden zu verlieren, haben in den vergangenen Jahren viele Unternehmen schon auf eine unverbindliche telefonische Anfrage mit einem spürbar günstigeren Angebot reagiert. Genaues Hinsehen ist allerdings ein Muss. Viele Versicherer haben verschiedene Tarife im Angebot, die sich nicht nur hinsichtlich des Preises, sondern auch der Leistung unterscheiden. Bei guten Policen verzichtet mancher Versicherer zum Beispiel auf Leistungskürzungen wegen grober Fahrlässigkeit wie das Überfahren einer roten Ampel.

Der Faktencheck ist auch deshalb so wichtig, weil bei vielen Kfz-Versicherern die Schmerzgrenze erreicht ist. Viele Unternehmen können gar nicht mehr anders, als teurer zu werden – der Unterschied zwischen billigen und teuren Anbietern wird größer. „Wir erhöhen die Prämien in der Kfz-Versicherung im Schnitt um fünf Prozent“, sagt Christian Diedrich, Vorstandschef der Ergo Versicherung, in der die früheren Gesellschaften Hamburg-Mannheimer und Victoria aufgegangen sind. Auch der bisherige Marktführer Allianz streckt die Waffen. Er wird die Prämien „moderat“ erhöhen. „Als Unternehmen muss man sich fragen, was man sich an versicherungstechnischen Verlusten noch erlauben will“, sagt Allianz-Vorstand Karl-Walter Gutberlet. Zur Höhe will sich der Konzern nicht äußern.

Ironie der Geschichte: Ausgerechnet die Allianz hatte die Abwärtsspirale 2004 in Gang gesetzt, weil sie ihre Marktführerschaft ausbauen wollte. Die verliert sie jetzt an den ärgsten Konkurrenten HUK-Coburg. Denn der umtriebige Versicherungsverein ist der große Sieger des Preiskampfs. Gerade hat die Gesellschaft die Preise in der Autoversicherung gesenkt – nachdem sie sie im April erhöht hatte. Anders als die meisten Wettbewerber schreibt die HUK-Coburg trotz günstiger Preise weiterhin schwarze Zahlen in der Autoversicherung. Das gelingt ihr durch niedrige Kosten und ein effektives Schadenmanagement.

In der Kfz-Versicherung hat der Abschluss über das Internet große Bedeutung. Vergleichsportale wie Check 24, Aspect Online oder Financescout24 spielen hier eine wichtige Rolle. Diese Portale sind praktisch, aber nicht kostenlos: Denn sie sind moderne Vermittler, die Provisionen vom Versicherer bekommen, wenn ein Kunde bei ihnen nach einem Vergleich abschließt. Auch wenn sie viele Tarife zeigen können – eine vollständige Marktabdeckung bieten sie nicht.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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