Berlin deckelt Vermittlerprovisionen

Ministerien arbeiten an Gesetzesnovelle gegen Honorarexzesse privaterKrankenversicherer

Timo Pache, Berlin,

und Herbert Fromme, Köln

Vermittler privater Krankenversicherungen müssen sich auf empfindliche Einschnitte in ihr Geschäftsmodell einstellen. Auf Druck der Abgeordneten von Union und FDP prüfen Finanz- und Justizministerium in Berlin nach FTD-Informationen einen gesetzlichen Deckel für die üblichen Vermittlungsprovisionen beim Vertragsabschluss. Außerdem sollen Vermittler künftig länger als bisher ihre erhaltenen Provisionen zurückzahlen müssen, falls ein Kunde seinen Vertrag kündigt. Im Gespräch ist eine Haftungsfrist von fünf statt bisher zwei Jahren. „Die Initiative der Fraktionen ist sinnvoll“, hieß es in Regierungskreisen.

Union und FDP reagieren damit auf Berichte über Provisionsexzesse in der Branche der privaten Krankenversicherer. Weil der Wettbewerb um junge Gutverdiener unter den Versicherern inzwischen äußerst scharf geworden ist, werden für einen Vertragsabschluss mitunter 14 bis 18 Monatsbeiträge als Belohnung gezahlt.

Bei Beiträgen von 200 Euro bis 300 Euro für viele erstmals privat Versicherte erzielt der Vertrieb dann zwischen 2800 und 5600 Euro an Provision – für einen einzigen Vertrag. Beim Vertreter, der den Verkauf organisiert, kommt deutlich weniger an. Wegen extrem kurzer Haftungszeiten für die Provision von oftmals nur einem Jahr können Vermittler Kunden zur Kündigung bewegen und neu vermitteln – und so zwei- oder dreimal die Provision kassieren. Die wird immer vom Kunden gezahlt. Deshalb ist die Verlängerung der Haftungszeiten von großer Bedeutung.

„Ich sehe die Entwicklung sehr kritisch“, sagte der finanzpolitische Sprecher von CDU/CSU, Klaus-Peter Flosbach, der FTD. Er fordert eine Obergrenze für Provisionen; im Gespräch ist ein Deckel von neun bis zwölf Monatsbeiträgen. Auch die Praxis, Kunden immer neue Policen anzudrehen, müsse eingedämmt werden. „Ich halte es für richtig, wenn die Vermittler bis zu fünf Jahre haften.“

Geprüft wird vor allem eine Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Ziel sei eine weitreichende Regelung. „Wir müssen alle Regelungsebenen treffen, um Ausweichmöglichkeiten ausschließen zu können“, hieß es. Im Gespräch ist auch eine Änderung des Handelsgesetzbuchs, der Gewerbeordnung und der Kalkulationsverordnung.

Die Krankenversicherer sind in einer schwierigen Lage. Seit Jahren müssen sie aus vielen Gründen die Preise drastisch erhöhen. Die Folge: Es hakt beim Neugeschäft, die Bestände werden älter, kränker und teurer. Damit ihre Rechnung aufgeht, brauchen die Unternehmen junge Kunden. Deshalb ist der Druck groß, mit hohen Provisionen das Neugeschäft anzukurbeln. Die Branche ist dabei gespalten. Einige Gesellschaften erkennen die fatalen Folgen, ihre Chefs drängen zum Einschreiten. Offiziell nimmt der Verband aber nicht Stellung, er fürchtet Kartellvorwürfe. Auch Helmut Müller, bis Ende 2010 PKV-Ombudsmann, ging zuletzt hart mit den Provisionen ins Gericht.

Quelle: Financial Times Deutschland

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