Tief in der Verlustzone

Die Flottenversicherung ist defizitär. Prämienerhöhungen und wenigergroßzügige Bedingungen sollen es richten

Friederike Krieger

Unternehmen, die große Kfz-Flotten haben, werden höhere Prämien für ihren Versicherungsschutz bezahlen müssen. „Seit Mitte des Jahres mehren sich die Anzeichen, dass die Preise zur nächsten Hauptfälligkeit steigen werden“, sagt Johannes Kronen, Leiter Car Deutschland beim Versicherungsmakler Willis. Eine Trendwende beschwören die Versicherer schon seit Längerem. Doch jetzt scheinen sie es ernst zu meinen. „Früher gab es nur vereinzelte Versuche, höhere Preise durchzusetzen“, sagt Kronen. „Diesmal ist es eine marktweite Tendenz.“

Seit Jahren liefern sich die Anbieter einen harten Preiskampf. „Nach Marktbeobachtungen sind die Preise von 2005 bis 2010 um gut 20 Prozent gesunken“, sagt Walter Tesarczyk, der im Vorstand der Allianz Versicherung für das Firmenkundengeschäft verantwortlich ist. Entsprechend katastrophal fällt die Bilanz für 2010 aus: Die Schaden-Kostenquote im Markt lag bei fast 118 Prozent der Beiträge, das heißt, die Flottenversicherer gaben 18 Prozent mehr für Schäden und Kosten aus als sie an Beiträgen einnahmen. „Das ist ein historischer Verlust, der sich wegen den niedrigen Zinsen auch nicht mehr durch Kapitalerträge ausgleichen lässt“, sagt er.

Alle Gesellschaften nehmen Flotten mit besonders schlechten Schadenverläufen daher genau unter die Lupe. Einige Versicherer gehen die Sache aber auch rabiater an und versuchen, den gesamten Bestand mit Beitragserhöhungen zwischen drei und zehn Prozent zu versehen. Das stößt bei vielen Kunden auf Unverständnis. „Dass die Versicherer bei schlechten Schadenverläufen höhere Preise fordern, verstehen die Firmen. Steigende Beiträge für den gesamten Bestand sind dagegen schwer nachvollziehbar“, sagt Kronen.

Manche Versicherer versuchen sogar, während laufender Verträge mitten im Jahr die Prämien zu erhöhen und drohen, schadenträchtige Fahrzeuge ansonsten zu kündigen. Kronen hält das für überflüssig. „Die Verträge laufen nur ein Jahr und können somit schnell angepasst werden“, sagt er.

Auch bei den Bedingungen sind die Versicherer nicht mehr so freigiebig. In den vergangenen Jahren haben viele Gesellschaften das Leistungsspektrum der Verträge großzügig erweitert. So haben manche Versicherer ihren Kunden auch für ein zwei Jahre altes Auto noch eine Erstattung des Neuwerts versprochen. „Das hat zur defizitären Entwicklung der Sparte beigetragen“, sagt Kronen. Bei der Anhängerhaftung – ein heiß diskutiertes Thema in der Flottenversicherung – haben sich die Gemüter inzwischen beruhigt. Stein des Anstoßes war ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Oktober 2010. Wenn ein Lkw mit Anhänger in einen Unfall verwickelt ist und Schäden bei Dritten anrichtet, muss demnach der Haftpflichtversicherer des Anhängers die Hälfte des Schadens tragen. Früher zahlte meist allein der Versicherer des Lkw.

Es galt, Prämien für Anhänger und Zugmaschine neu zu kalkulieren und Forderungen aus Altschäden bei anderen Gesellschaften geltend zu machen, wenn ein fremdversicherter Anhänger in den Unfall verwickelt war. „Nach anfänglicher starker Aufregung gehen die Versicherer das Thema jetzt entspannter an“, sagt Kronen. Bestandskunden bleiben überwiegend von Beitragsanpassungen verschont. Nur im Neugeschäft tragen die Versicherer der neuen Schadenaufteilung mit veränderten Prämien Rechnung. So hält es auch die Allianz. „Problematisch wird es nur, wenn ein Unternehmen eine Anhängerflotte ohne Zugmaschinen neu versichern will, denn das setzt den Versicherer massiven Regressen aus“, sagt Tesarczyk. Der Kunde müsse dann einen entsprechend hohen Preis zahlen, um eine Haftpflichtpolice zu bekommen.

Die Versicherer bauen darauf, dass der Gesetzgeber die alte Haftungssituation wieder herstellt. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft setzt sich dafür seit Längerem ein. „Wir gehen davon aus, dass sich im Laufe des nächsten Jahres hier etwas tun wird“, sagt Tesarczyk.

Quelle: Financial Times Deutschland

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