Anwaltskooperationen der Versicherer unter Beschuss

Gericht sieht freie Anwaltswahl der Kunden beschränkt

Friederike Krieger

Die Praxis der Rechtsschutzversicherer, Kunden Vergünstigungen zu versprechen, wenn sie im Schadenfall mit einem ihrer Vertragsanwälte kooperieren, steht unter Beschuss. Hintergrund ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg (Az.: U3 236/11) gegen die HUK-Coburg, das für die gesamte Branche richtungsweisend werden könnte. Bei dem Versicherer müssen Kunden im Schadenfall eine Eigenbeteiligung zahlen. Die reduziert sich im Laufe der Zeit, wenn der Vertrag schadenfrei bleibt. Nimmt der Kunde die Police oft in Anspruch und wählt den Anwalt dabei selbst aus, steigt die Eigenbeteiligung. Entscheidet er sich aber für einen vom Versicherer empfohlenen Rechtsbeistand, erhöht sich der Selbstbehalt nicht. Andere Versicherer haben ähnliche Modelle.

Die Rechtsanwaltskammer München sieht durch diese Praxis die freie Anwaltswahl der Kunden beschränkt und hatte dagegen geklagt. Das Oberlandesgericht Bamberg gab den Juristen jetzt in zweiter Instanz recht und untersagte dem Versicherer die Anwendung der Klauseln. Bei Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro.

Wird das Urteil rechtskräftig, darf der Versicherer das Modell nicht mehr in Neuverträgen verwenden. Auch in Bestandsverträgen sind die entsprechenden Passagen ungültig, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Götz, der die Kammer in dem Prozess vertreten hat. Der Versicherer kann allerdings Revision vor dem Bundesgerichtshof einlegen. Die HUK-Coburg müsse das Urteil erst prüfen, aber es sei wahrscheinlich, dass sie Rechtsmittel einlegt, so ein Sprecher des Versicherers.

Bestätigt der BGH das Urteil, werden auch andere Anbieter in Zugzwang geraten, glaubt Anwalt Götz. „Wenn es ein BGH-Urteil gibt, werden auch andere Versicherer ihre Klauseln früher oder später anpassen müssen“, sagt er. Verbraucher oder Anwälte, die bei den Kooperationen außen vor geblieben sind, könnten dann mit Verweis auf das höchstrichterliche Urteil jederzeit klagen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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