Tennet kämpft um deutschen Standort

Unmut über Probleme bei Offshore-Anbindung

Timo Pache Michael Gassmann Herbert Fromme

Michael Gassmann, Düsseldorf,

Herbert Fromme , Köln,

und Timo Pache, Berlin

Der niederländische Netzbetreiber Tennet stemmt sich gegen wachsenden Druck, sich vom deutschen Markt zurückzuziehen. „Tennet erwägt nicht, das deutsche Netz zu verkaufen“, reagierte eine Sprecherin am Montag auf einen Bericht über angebliches und von vielen erhofftes Interesse der Versicherer Allianz und Munich Re, das Tennet-Hochspannungsnetz zu übernehmen.

Das Arnheimer Unternehmen hat mit Verzögerungen beim Anschluss von Offshore-Windparks massiven Unmut von Energiepolitikern und Teilen der Versorgungsbranche auf sich gezogen. Tennet macht geltend, die Investitionen von 15 Mrd. Euro nicht allein stemmen zu können. Kritiker halten dagegen, für den niederländischen Staatskonzern wäre die Finanzierung kein Problem. Probleme bei der Netzanbindung gefährden die Pläne der Bundesregierung, Windkraft auf hoher See zu einer Säule der Energiewende zu machen.

Versicherungen zögernAuf den ersten Blick passen die Verkaufsmeldungen: Die Regierung braucht für die Energiewende Investoren, die langfristig in Windparks und Netze investieren. Versicherer benötigen genau solche Anlagemöglichkeiten. So können sie ihre langfristigen Verpflichtungen aus Lebens- und Krankenversicherungen am besten bedienen. Deshalb stieg etwa die Allianz 2011 beim norwegischen Pipelinebetreiber Gassled ein, während Talanx, Munich Re und Swiss Life am Netzbetreiber Amprion beteiligt sind.

Dennoch herrschen Zweifel, ob Munich Re und die Allianz tatsächlich die fehlenden 15 Mrd. in die Offshore-Anbindung investieren wollen, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Munich Re dementierte. „Ich kann den Bericht so nicht bestätigen“, sagte eine Sprecherin. Die Allianz schwieg.

Die Versicherer halten die Offshore-Technik für nicht ausreichend erprobt. Dazu kommt das hohe Investitionsvolumen: Zwar könnten die Konzerne die 15 Mrd. Euro stemmen, doch müssten sie nach ab 2014 geltenden Aufsichtsregeln solche Investitionen mit 49 Prozent Eigenkapital unterlegen. Auch drohen rechtliche Probleme. Die Allianz und Munich Re gelten durch Beteiligung an Wind- und Solarparks als Stromerzeuger. Wegen der gesetzlich geforderten Trennung von Stromproduktion und Netz können sie nur schwerlich Geld in Leitungen anlegen.

Regierung sauer auf TennetDie Bundesregierung ist schwer verärgert über den Netzbetreiber. Zwar schließt Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) selbst einen Einstieg der staatlichen KfW Bankengruppe bei Tennet nicht aus. Weil ein Staatseinstieg aber rechtlich und politisch schwierig für den FDP-Chef werden dürfte, setzt er zunächst auf Druck. Hebel ist ein neues Zertifizierungsverfahren, in dem alle Betreiber nachweisen müssen, dass sie den Aufgaben gewachsen sind. Tennet habe selbst öffentlich eingeräumt, die notwendigen finanziellen Mittel nicht mehr aufbringen zu können, machen Regierungskreise geltend.

„Wir sind zuversichtlich, dass wir alle erforderlichen Bedingungen erfüllen werden“, sagte die Tennet-Sprecherin dagegen. Sollte der Konzern dies nicht schaffen, sind die Eingriffsmöglichkeiten der Regierung dennoch begrenzt. Zunächst droht lediglich eine Geldstrafe von 1 Mio. Euro.

Quelle: Financial Times Deutschland

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