Oettinger will Zwangspolice für AKW

Verbrauchern droht damit weiterer Strompreisanstieg

Daniela Leistikow Michael Gassmann Herbert Fromme

Daniela Leistikow, Brüssel,

Michael Gassmann, Düsseldorf,

und Herbert Fromme, Köln

Betreiber von Atomkraftwerken in Europa sollen nach den Plänen von EU-Energiekommissar Günther Oettinger Versicherungen gegen AKW-Unfälle abschließen müssen. „Ich denke, dass bestimmte Versicherungspflichten verbindlich vorgeschrieben werden sollten“, sagte Oettinger am Donnerstag in Brüssel bei der Vorstellung der Ergebnisse des ersten europaweiten Stresstests für Atommeiler. Ziel sei, dass „mögliche Opfer eines nuklearen Unfalls in Europa entschädigt werden“ und die Betreiber haften.

Details im Frühjahr Setzt sich der CDU-Politiker mit seinem Vorschlag durch, müssen die Verbraucher mit einem zusätzlichen Strompreisanstieg rechnen. Die Kosten für die Versicherungen dürften Energieversorger an ihre Kunden weitergeben. „Mein Auftrag ist nicht, durch Sicherheitsdumping Strompreise billig zu halten“, sagte Oettinger. Detaillierte Vorschläge für eine Versicherungspflicht will der Kommissar im kommenden Frühjahr vorlegen.

In Deutschland gibt es schon eine Versicherungspflicht für AKW. Allerdings sind mögliche Schäden durch einen Unfall in einem der Meiler nur im Umfang von 2,5 Mrd. Euro abgedeckt. Darüber hinaus haftet der Betreiber unbegrenzt mit seinem Vermögen. Ist dieses aufgezehrt, bleiben die Kosten am Staat hängen.

Problem der Haftungsregeln Bevor eine allgemeine Versicherungspflicht eingeführt wird, müssten erst die Haftungsregeln in Europa vereinheitlicht werden, hieß es aus der Assekuranz. „In Frankreich haften die Betreiber nur mit 100 Mio. Euro“, sagte ein Versicherungsmanager der FTD. Für eine privatwirtschaftliche Deckung müsse es eine Obergrenze geben – sonst könne man keine Versicherungen anbieten. Selbst dann sei es nötig, dass Staaten einen Teil der Haftung übernehmen. Oettinger bezeichnete eine Haftungsobergrenze am Donnerstag als denkbar.

Dem Stresstest zufolge müssen die Betreiber praktisch sämtlicher Atomkraftwerke in der EU in zusätzliche Sicherheitssysteme investieren. Geschlossen werden muss kein AKW. Als Konsequenz aus der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 müssten vor allem der Erdbebenschutz und die Hochwassersicherheit verbessert werden, hieß es. Die Kommission schätzt, dass dies insgesamt 10 bis 25 Mrd. Euro kostet. Bei ihrem Gipfel Mitte Oktober wollen sich die Staats- und Regierungschefs mit dem Bericht befassen. Brüssel kann den AKW-Betreibern nicht vorschreiben, ihre Kraftwerke nachzurüsten.

Quelle: Financial Times Deutschland

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