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Münchener Rück steigt bei Kinowelt ein

Posted By Herbert Fromme On 5. Januar 2001 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Beteiligung von fünf Prozent bringt dem angeschlagenen Medienunternehmen 40 Mio. DM. Von Thomas Clark, Berlin, und Herbert Fromme, Köln

Das börsennotierte Medienunternehmen Kinowelt konnte den Versicherungskonzern Rück als strategischen Finanzinvestor gewinnen. Wie das Unternehmen gestern bekannt gab, verkauften Kinowelt-Gründer und Vorstände Michael und Rainer Kölmel zum Jahreswechsel 4,9 Prozent der Kinowelt-Aktien an die Münchner Versicherungsgruppe. Die Beteiligten sprachen von einem „marktnahen“ Preis, womit der Kinowelt rund 40 Mio.DM in die Kasse geflossen sein dürften.

Die Ankündigung wurde an der Börse mit Euphorie begrüßt. Der Kurs der Kinowelt-Aktie stieg daraufhin sofort um über 15 Prozent. Am Ende des Handelstages schloss das Papier bei 17,75E-das ist ein Tagesplus von über acht Prozent.

Dass die Beteiligung, die laut Börsenregeln nicht einmal veröffentlichungspflichtig ist, eine so starke Initialwirkung auf den Kinowelt-Aktienkurs hatte, verdeutlicht die enormen aktuellen Kursschwankungen bei Medienwerten. Seit dem Zahlendesaster von EM.TV und einer langen Reihe von Gewinnwarnungen bei börsennotierten Filmhändlern sind die Anleger extrem verunsichert. Sie reagieren auf schlechte Nachrichten mit Panikverkäufen und auf gute mit kurzer Glückseuphorie – beides ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht völlig überzogen.

So gab es in letzter Zeit immer wieder Gerüchte, die Kinowelt habe zu großzügig investiert und befände sich in Liquiditätsproblemen. Fundiert nachweisen ließ sich das zwar nicht, für eine Kurstalfahrt sorgte es trotzdem. Auf der anderen Seite bringt die Rück-Investition nur ein kleine Finanzspritze von 40 Mio.DM – nicht gerade viel, bedenkt man, dass die Kinowelt in den 18 Monaten mehr als 1Mrd.DM investiert hat.

Medienanalyst Peter-Thilo Hasler von der HypoVereinsbank betont allerdings die Bedeutung der Rück-Investition für die Glaubwürdigkeit des Zahlenwerks der Kinowelt. „Wenn sich eine solche Versicherung beteiligt, dann ist das schon etwas Positives, denn man kann davon ausgehen, dass die eine sorgfältige Analyse vorgenommen haben“, so Hasler.

Generell ist zu erwarten, dass auch andere Medienfirmen ähnliche Schritte setzen wollen. Seit die marode Lage am Neuen Markt es kaum noch zulässt, durch Kapitalerhöhungen oder Wandelanleihen frisches Geld von der Börse zu holen, dürfte der Pilgergang zu Finanzinvestoren wie Banken und Versicherungen bald wieder in Mode kommen. Die Kinowelt plante noch im Herbst, sich durch eine Wandelanleihe 200 Mio.Ezu besorgen, musste den Plan auf Grund der schlechten Stimmung am Markt aber aufgeben.

Für die Münchener Rück ist die Beteiligung an der Kinowelt „nichts Ungewöhnliches“, wie ein Sprecher sagte. „Wir investieren laufend und halten auch Aktien an anderen Firmen in der Branche.“ Allerdings sei dies die erste Beteiligung in dieser Höhe an einem Medienunternehmen. „Wir haben langfristige Risiken aus Lebens-und Haftpflichtversicherungen, die wir mit langfristigen Kapitalanlagen abdecken“, sagte der Münchener Rück-Sprecher. Diese Aussage dürfte auch andere börsennotierte Medienfirmen interessieren.

Unklar bleibt, ob die Kinowelt die Finanzspritze von Rück so dringend gebraucht hat, wie es manche Analysten ebenso behaupten, wie es das Kinowelt-Management vehement bestreitet. Im Bericht für das dritte Quartal 2000 nennt die Kinowelt liquide Mittel in Höhe von 280 Mio.DM. Gleichzeitig erhöhten sich die Finanzschulden aber auf rund 490 Mio.DM. Diese seltsame Konstellation, bei der die Kinowelt offenbar bereit ist, teure Neukredite aufzunehmen, anstatt zuerst ihre Bargeldmittel abzubauen, führte zu Spekulationen, dass die Firma mit ihren Barmitteln möglicher Weise nicht frei verfügen kann. Gerüchten zufolge hat der US-Medienkonzern Time-Warner auf eine Bargeldabsicherung gepocht, als er der Kinowelt für über 500Mio.DM ein Filmpaket verkaufte. Das Bargeld wäre dann gebunden. Bei der Kinowelt war für diese Frage bis Redaktionsschluss niemand zu erreichen.

Das Kapital

Seite 17.

Quelle: Financial Times Deutschland


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