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Finanzen – Münchener Rück

Posted By Herbert Fromme On 21. Mai 2001 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Münchener Rück – Der Rückversicherer hat 250 Millionen Mark für einen einzelnen Autounfall zurückgestellt. Im britischen Selby kollidierte ein Landrover mit einem Zug. Seite 20.

Autounfall kostet Münchener Rück 250 Millionen Mark

Ein einzelner Autounfall kostet die Münchener Rück mehr als 250 Mio.DM. Nach Angaben aus Versicherungskreisen hat das Unternehmen jetzt 80 Mio.# (256 Mio. DM) für den Selby-Schaden zurückgestellt. Bisher waren Insider von 40 bis 50 Mio.# ausgegangen.

Am 28. Februar 2001 kam der Fahrer eines Land Rover bei Selby im britischen Yorkshire von der Autobahn ab. Sein Wagen geriet auf Eisenbahngleise und stieß mit einem Hochgeschwindigkeitspassagierzug zusammen. Der Zug entgleiste. Kurze Zeit darauf raste ein Güterzug in die Unfallstelle. Zehn Menschen starben, mehr als 70 wurden verletzt.

Der 36-Jährige Fahrer des Land Rover war bei der belgisch-niederländischen Fortis versichert. Die Fortis-Gruppe muss nur insgesamt 1,5 Mio.# selbst tragen – für alle darüber hinausgehenden Schäden hatte sich das Unternehmen bei der Münchener Rückversicherung abgesichert.

Nach Marktangaben übernahm die Gesellschaft 100 Prozent des Risikos, ein zumindest unübliches Verfahren. In der Regel teilen sich mehrere Rückversicherer Spitzenrisiken dieser Art. Allerdings suchen die Marktführer in den letzten Jahren zunehmend Exklusivgeschäft.

Eine Unternehmenssprecherin wollte zum Schadenbedarf und der Exponierung der Münchener Rück nicht Stellung nehmen. Mit 250 Mio. DM wäre Selby einer der teuersten Autounfälle der Geschichte. Vor allem die Entschädigungsleistungen für die Angehörigen der Toten und für die Verletzten schlagen zu Buche, außerdem die Schäden an den Zügen und Bahnanlagen. Ob die Autoversicherung nebst Rückversicherer den Schaden ganz zahlt oder auch die Versicherer der Bahngesellschaft beitragen, werden die Beteiligten möglicherweise vor Gericht klären.

Unter den Rückversicherern führt der Schaden zu Forderungen nach höheren Preisen. Andere Auto-Katastrophen sind die Brände im Tauern-und im St.-Gotthardt-Tunnel im Jahr 1999 und der Tanklastunfall von Herborn 1994. In der Branche wird ferner die geheimnisumwitterte Explosion eines Lkws während des Beladens mit Sprengstoff genannt, die Teile einer Fabrik in Deutschland zerstörte. Nähere Einzelheiten hierzu wurden nie veröffentlicht.

Für Kraftfahrt-Haftpflichtschäden über 5 Mio. DM sichern sich die Versicherungen durch Rückdeckungen ab. Laut General Cologne Re bekommen die in Deutschland tätigen Rückversicherer dafür pro Jahr nur 115 Mio.DM. „Die Höhe des Selby-Schadens lässt zumindest Zweifel aufkommen, ob diese Prämien ausreichen“, sagte eine Sprecherin.

Ohnehin ist die Branche mit den Trends in der Autoversicherung unzufrieden. Die scharfe Konkurrenz hat Preise und Prämieneinnahmen nach unten getrieben, während die Schadenbelastung zunahm. Auch das trifft die Rückversicherer, die mit bestimmten Quoten direkt am Geschäft beteiligt sind. Derzeit gibt es jedoch – auch auf Druck der Rückversicherer – Anzeichen für eine Wende.

Quelle: Financial Times Deutschland


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