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Kinderreichtum zahlt sich aus

Posted By Redaktion On 9. August 2001 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Wer für den Lebensabend Geld auf die hohe Kante legt, wird in Zukunft von Vater Staat belohnt. Um die Kürzung der Renten zu kompensieren, gewährt die Bundesregierung ab dem nächsten Jahr gesetzlich Rentenversicherten einen beträchtlichen Zuschuss. Mehr als 20 Mrd. DM will der Staat den Bürgern ab 2008 geben. „Damit startet das größte Altersvermögensprogramm aller Zeiten“, freut sich Arbeitsminister Walter Riester.

Der Geldsegen aus Berlin kommt auf drei Wegen. Alle Anspruchsberechtigten, die einen Altersvorsorgevertrag mit einer Lebensversicherung, Fondsgesellschaft oder Bank abschließen, haben Anrecht auf eine Grundförderung. Wer Nachwuchs hat und Kindergeld bezieht, bekommt außerdem Zulagen. Darüber hinaus bewilligt das Finanzamt unter Umständen Steuervergünstigungen.

Die Grundförderung ist unabhängig von der Höhe des Einkommens, sie richtet sich allein nach dem Betrag, den der Einzelne für den Aufbau seiner Altersvorsorge aufwendet.

Im kommenden Jahr steuert der Staat auf diesem Weg maximal 38 Euro zur Kapitalbildung bei. Bis 2008 wächst die Zulage in Zweijahresschritten auf bis zu 154 Euro.

Kinder zahlen sich bei der privaten Altersvorsorge richtig aus. Für jeden Sohn oder jede Tochter, für die Förderberechtigte Kindergeld beziehen, gibt es zunächst maximal 46 Euro im Jahr, ab 2008 höchstens 185 Euro jährlich.

Grundförderung und Kinderzulage fließen direkt in den Aufbau des Kapitals für die Altersvorsorge. Die Anbieter der Altersvorsorgeprodukte reichen die Anträge ihrer Kunden bei einer neu gegründeten Behörde ein. Die Behörde zahlt die Zulage direkt an den Anbieter, der sie den individuellen Verträgen gutschreibt. Die Kunden bekommen dieses Geld nicht in die Hand.

Auch das Finanzamt honoriert das private Engagement: Aufwendungen für die Altersvorsorge können bei der Einkommenssteuererklärung als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Das Finanzamt zieht zur Berechnung der Altersvorsorgeaufwendungen den geleisteten Eigenanteil des privat Vorsorgenden und die Zugabe des Staates heran.

Die Finanzbeamten prüfen, ob der Steuervorteil durch den Sonderabgabenabzug größer ist als die staatlichen Zulagen. Ist das der Fall, schreiben sie die Differenz dem Steuerpflichten gut. In 2002 können bis zu 525 Euro als Sonderausgabe geltend gemacht werden. Dieser Betrag wächst bis 2008 alle zwei Jahre und beträgt ab dann 2100 Euro – um diese Beträge mindert sich das zu versteuernde Einkommen.

Nur wer ein Prozent seines Bruttojahresgehaltes in Riester-Rentenprodukten anspart und diesen Anteil bis 2008 schrittweise auf vier Prozent erhöht, bekommt die volle staatliche Zulage. Wer weniger beiseite legt, erhält auch entsprechend weniger vom Staat. Wer allerdings mehr als ein Prozent ausgibt, erhält für die zusätzliche Sparleistung keine Zulage.

Bei aller Förderfreudigkeit will der Staat nicht allein die Zeche zahlen. Deshalb legt er nur denen etwas dazu, die einen bestimmten Mindestbeitrag pro Jahr fürs Alter zurücklegen. Für Kinderlose sind das ab 2005 wenigstens 90 Euro, für Förderberechtigte mit einem Kind 75 Euro und mit zwei und mehr Kindern 60 Euro.

Sparer können Riester-Verträge entweder privat mit einem Anbieter abschließen oder über ihren Arbeitgeber. Bei der betrieblichen Altersvorsorge besteht zurzeit nur die Option der Direktversicherung. Hier schließt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Altersvorsorgeversicherung ab. Andere Modelle wie betriebliche Pensionskassen und – fonds sind gesetzlich vorgesehen, aber es fehlen noch die entsprechenden Ausführungsbestimmungen der Behörden.

Privatkunden können zwischen Rentenversicherungen, Banksparplänen und Investmentfonds wählen. Diese Produkte werden angebotenvon Lebensversicherern, Banken und Fondsgesellschaften. Der Staat fördert nur Verträge, die das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen zertifiziert hat.

Eile ist bei Auswahl und Abschluss eines Vertrages nicht geboten. „Niemand sollte in Hinblick auf die private Altersvorsorge etwas überstürzen“, rät Manfred Westphal vom Verbraucherzentrale-Bundesverband. Erempfiehlt, die Entscheidung für einen Vertrag erst nach Abschluss der Zertifizierungen im Laufe des kommenden Jahres zu treffen. „Dann ist der Markt übersichtlich, und jeder kann in Ruhe aussuchen, was zu ihm passt.“

Gleichgültig für welches Produkt sich ein Kunde entscheidet – er sammelt mit der privaten Altersvorsorge ein beträchtliches Kapital an. An das Geld kommt er bis zur Rentenzahlung nicht mehr heran, wenn er nicht erhebliche Einbußen hinnehmen will. Einzige Ausnahme: Er muss es zur Herstellung oder Anschaffung selbst genutzten Wohnraums im Inland verwenden und die entnommene Summe in monatlich gleich bleibenden Raten bis zum Rentenbeginn zurückzahlen. Ansonsten gilt grundsätzlich: Wird das angesparte Kapital nicht für die Altersrente verwandt, müssen Zulagen und steuerliche Vergünstigungen zurückgezahlt werden.

Quelle: Financial Times Deutschland


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