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Luftfahrtversicherer erhöhen die Preise

Posted By Herbert Fromme On 14. September 2001 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Noch haben die meisten Versicherer und Rückversicherer nur grobe Schätzungen über die Schäden aus der Katastrophe von New York und Washington. Aber die Luftfahrtversicherer, die vor allem über den Londoner Versicherungsmarkt ihre Deckungen bündeln, reagieren bereits. Zum 21. September werden die Preise für so genannte Kriegskaskopolicen für Flugzeuge angehoben. Sie decken den Wert der Maschinen gegen Schäden durch kriegerische Ereignisse ab, einschließlich terroristischer Aktionen und Entführungen.

„Die Versicherer haben den Airlines am Donnerstag einen Fragebogen zukommen lassen, in dem ihre Flugrouten und ihre Ziele abgefragt werden“, sagte Ralf Oelßner, Chef der Lufthansa-Versicherungsabteilung. Je gefährdeter die Route nach Ansicht des Versicherers ist, desto teurer wird die Deckung. Nachdem die Nato den Verteidigungsfall festgestellt habe, könne es sehr gut sein, dass alle Flugzeuge aus Nato-Staaten einer bestimmten hohen Kategorie zugeordnet werden.

Die Kriegskaskoversicherer hatten schon vor dem 11. September einige sehr hohe Schäden, unter anderem die Zerstörung von Maschinen auf dem Flughafen von Colombo durch tamilische Rebellen. „Das kostete 360 Mio.$. Die vier Maschinen in den USA kosten zusammen 128 Mio.$“, sagte Oelßner. Die Weltprämieneinnahme für Flugzeug-Kriegskasko betrage dagegen nur etwa 30 Mio.$ pro Jahr. „Schon vor dem 11. September wollten die Versicherer die Preise verfünffachen. Man kann sich vorstellen, welche Preisvorstellungen sie nach den US-Ereignissen haben.“

Drastische Preiserhöhungen erwartet Oelßner auch für die Allgefahrendeckungen für Flugzeuge. Sie umfassen unter anderem die normale Kaskoversicherung des Flugzeugs (ohne Kriegsrisiken), die normale Haftpflicht und die Kriegshaftpflicht. „Vor dem 11. September haben die Airlines weltweit jährlich 1,3 Mrd.$ gezahlt. Nach ersten Stellungnahmen aus dem Markt wollen die Versicherer die Summe um 1,5 Mrd. bis 2Mrd.$ erhöhen, also mehr als verdoppeln.“ Außerdem sollen die Bedingungen verändert werden. „Ob die Airlines künftig noch die hohen Haftpflichtdeckungen von bis zu 2Mrd.$ pro Flugzeug bekommen, ist äußerst fraglich“, sagte Oelßner.

Die Luftfahrtversicherer rechnen mit mehr als 6 Mrd.$ Schaden aus dem Terrorüberfall. Forderungen von französischen Versicherern, der amerikanische Staat müsse die Kosten der Terrorakte tragen, werden in der Branche eher geringe Chancen eingeräumt. „Die US-Regierung wird die Versicherer nicht von ihren Leistungen freistellen“, erwartet Oelßner. „Vorstellen kann ich mir aber eine gesetzliche Regelung für diesen einen Vorgang, der Zahlungen begrenzt und die Verfahren abkürzt, damit das keine Jahrzehnte dauernde Prozessflut gibt.“

Neue Schätzungen einzelner Gesellschaften und Analysten setzen den Gesamtschaden mit mehr als 20 Mrd. $ an, der allerdings auf viele Versicherer und Rückversicherer weltweit verteilt ist. Genaue Zahlen wird es erst in einigen Monaten geben. Der Londoner Versicherungsmarkt Lloyd’s dürfte einen hohen Anteil haben. Viele große Gesellschaften haben mittlerweile Schadenschätzungen abgegeben, dabei liegen Allianz (bis zu 700 Mio. Euro ) und Münchener Rück (bis 1 Mrd. Euro ) im oberen Bereich. Doch auch ein Schaden in dieser Höhe wird für sie nicht existenzbedrohend sein. Kleine Gesellschaften könnten aber Probleme haben.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass der eine oder andere Marktteilnehmer verschwindet“, sagte Herbert Haas, Vorstandsmitglied der Hannover Rück. „Manchem wird die Luft ausgehen.“ Haas erwartet, dass die Ereignisse die Nachfrage nach Versicherungsschutz und Rückdeckungen steigern werden. Der ohnehin vorhandene Trend zur Marktverhärtung werde gesteigert, Preiserhöhungen seien wahrscheinlich.

Hauptsparten, aus denen Ansprüche kommen werden, sind die Luftfahrtversicherung, die Gebäudeversicherung, Lebensversicherung und vor allem die Betriebsunterbrechung, sagte Haas. Damit haben sich die Unternehmen in der Wall Street gegen den Verdienstausfall durch äußere Umstände abgesichert.

Quelle: Financial Times Deutschland


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