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Warum Herr Kaiser den Walter Riester nicht mag

Posted By Anja Krüger und Herbert Fromme On 16. Oktober 2001 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Die Versicherungsvertreter sind unzufrieden mit der Riester-Rente. Herr Kaiser und seine Kollegen finden, dass ihre Provisionen in keinem Verhältnis zum hohen Beratungsbedarf stehen. Wenn Versicherer daran festhalten, die Provision – wie im Gesetz vorgeschrieben – auf zehn Jahre zu verteilen, kommen auf viele Vertreter auch erhebliche Steuerbelastungen zu..

Die Versicherungsverkäufer sind von der staatlich geförderten Altersvorsorge alles andere als begeistert. Der Vizepräsident des Verbandes der Versicherungskaufleute, Ulrich Brock, bringt die Stimmung unter den Vertretern auf den Punkt: „Wem nutzt die Riester-Rente?Keinem!“

Bei den Bürgern sei der falsche Eindruck entstanden, die Riester-Rente löse generell ihre Probleme mit der Altersvorsorge, beklagt Brock: „Das tut sie aber nicht.“ Auch eine ausreichende Absicherung von Witwen und Waisen sei mit Riester nicht möglich. Gleichzeitig sei sie kein gutes Geschäft für die Versicherer. „Sie erreichen den Breakeven erst nach 13oder mehr Jahren.“ Und die Vermittler hätten schon wegen der Provisionsregelungen kaum etwas von Riester.

„Im Schnitt bekommt ein Vermittler 500DM für einen Riester-Vertrag“, berichtete Brock. Die Provision für eine „normale“ Kapitallebensversicherung mit 100000 DM Summe kann das Sechsfache betragen.

Die Mini-Provision für Riester sollen die Vertreter nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf einmal, sondern über zehn Jahre verteilt erhalten. „Wir machen eine intensive Beratung und bekommen einen Kostensatz, für den sie nicht zu leisten ist.“ Produkte für die staatlich geförderte Altersvorsorge sind nicht nur vor dem Abschluss beratungsintensiv. „Jedes Jahr muss ich meinen Kunden fragen, ob sich an seinem Gehalt etwas geändert hat“, so Brock.

Ein echtes Problem ist für viele Versicherungskaufleute die im Gesetz vorgesehene Verteilung der Provision auf zehn Jahre. Denn die Abgabenordnung sieht vor, dass bilanzierende Betriebe in dem Jahr ihre finanziellen Ansprüche versteuern, in dem sie sie erwerben. Wann sie das Geld tatsächlich sehen, ist für die Steuer unerheblich. „Wenn ein Versicherungskaufmann in einem Jahr mit Riester-Produkten Provisionsansprüche in Höhe von 100000 DM erwirbt, muss er um die 50000 DM Steuern zahlen, obwohl er in dem Jahr nur 10000 DM einnimmt“, erklärte er. Brock schätzt, dass etwa die Hälfte der Vertreter betroffen ist.

Würde die Abgabenordnung den Vertretern erlauben, Rückstellungen in Höhe der Außenstände vorzunehmen, wäre das Problem gelöst. „Aber ich glaube nicht, dass Herr Eichel die Abgabenordnung deshalb ändert“, sagte Brock. Zurzeit laufen auf politischer Ebene Gespräche.

Auch das ist ein Grund, warum die meisten der Versicherer sich bereit erklärt haben, die Provision vorzufinanzieren, wenn auch zu deutlich niedrigeren Sätzen (meistens um die 70 Prozent) als für normale Kapital-Lebensversicherungen. Strittig zwischen Vermittlern und Anbietern ist auch, ob die Provisionen auch auf die vom Staat gezahlten Fördergelder anfallen oder nur auf die von den Kunden selbst gezahlten Beträge. Für Brock ist die Rechtslage eindeutig: „Die Förderbeträge bekommt das Unternehmen durch den Kunden. Und nach dem Handelsgesetzbuch muss jede Mark, die das Unternehmen vom Kunden bekommt, verprovisioniert werden.“

Das Altersvermögensgesetz selbst enthält zu dieser Frage keine Regelung, die Regierung plant auch keine. Bei den Versicherern setzt sich immer stärker die Einsicht durch, dass sowohl Förder-als auch Eigenbeiträge des Kunden verprovisioniert werden müssen. „Wir zahlen eine Provision auf die staatliche Förderung“, sagte ein Sprecher der Allianz Leben, die nach einem schwachen Start Anfang Oktober schon 125000 Policen verkauft hatte. Dieser Teil der Provision wird nicht vorfinanziert, sondern jährlich ausgezahlt.

„Die Front derer, die Förderbeiträge nicht verprovisionieren wollen, bröckelt“, weiß auch Brock. Bei der Axa gibt es zwar keine Belastung der staatlichen Förderung mit Abschlusskosten, aber das Unternehmen berechnet den Kunden Verwaltungskosten – aus denen es den Vertretern eine Bestandspflege-Provision zukommen lässt. Der AWD-Vertrieb finanziert die Provision auf die vom Kunden zu zahlenden Beiträge vor, die auf die staatlichen Zuschüsse werden jährlich gezahlt.

Kein Wunder, denn die Vertreter haben scharfe Waffen in der Hand. Sie können den juristischen Weg beschreiten. Sie haben aber auch eine andesre Möglichkeit und können im Verkaufsalltag Riester einfach schlecht verkaufen und sich auf lukrativere Produkte konzentrieren.

Anja Krüger und Herbert Fromme

Quelle: Financial Times Deutschland


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