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Holzmann-Pleite trifft Kreditversicherer

Posted By Herbert Fromme On 25. März 2002 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Von Herbert Fromme, Köln Die Pleite des Baukonzerns Philipp Holzmann wird den Kreditversicherern wohl den größten Schaden ihrer Geschichte bescheren. Der zur Allianz-Gruppe gehörende Marktführer Hermes Kreditversicherungs-AG, der vor kurzem mit der Pariser Allianz-Tochter Euler zusammengelegt wurde, erwarte einen „sehr hohen Schaden“, wollte aber nicht spezifischer werden.

„Für eine genaue Schätzung ist es wesentlich zu früh“, sagte ein Sprecher. „Noch steht nicht fest, wer als Zulieferer überhaupt betroffen ist.“ Möglicherweise würden Tochterfirmen bestehen bleiben, dann käme es bei diesen Unternehmensteilen auch nicht zu einem Schaden.

Auch die Allgemeine Kreditversicherung in Mainz, die Teil der französischen Coface-Gruppe ist, wollte zur Schadenhöhe nichts sagen. „Wir haben für die Pleite der Elektrohandelskette Brinkmann im letzten Jahr Rückstellungen von 17 Mio. Euro gebildet. Der Holzmann-Schaden wird deutlich darüber liegen“, sagte ein Sprecher für den Marktdritten.

Nur die Gerling Kreditversicherung, Nummer zwei in dem Geschäft, kann schon mit einer konkreten Schätzung aufwarten. Der Nettoschaden werde „unter 10 Mio. Euro“ liegen, sagte ein Konzernsprecher. Netto heißt, Gerling rechnet mit dieser Schadenhöhe nach Erstattungen durch die Rückversicherer.

Die Kreditversicherer geben in der Regel mehr als die Hälfte des Beitrags an Rückversicherer weiter, die im Gegenzug einen hohen Teil des Risikos übernehmen. So wird der Holzmann-Schaden auch zu kräftigen Belastungen für Münchener Rück, Swiss Re und andere Rückversicherer führen.

Kreditversicherer sind vor allem durch die so genannte Warenkreditversicherung betroffen. Sie schützt Zulieferer vor Zahlungsausfällen bis zur Höhe eines vorher vereinbarten Limits. Dazu gehören auch Lieferungen an Holzmann, die wegen der Insolvenz jetzt nicht mehr bezahlt werden. Da es um Tausende von Zulieferern geht, wird sich die genaue Schadenhöhe erst in den nächsten Monaten herausstellen.

Außerdem ist Holzmann selbst Kunde der Kreditversicherungen und hat Bürgschaftsdeckungen abgeschlossen. Dabei geht es um die Gewährleistungspflicht bei Mängeln und die Pflicht zur Vertragserfüllung. Wenn das Unternehmen wegen der Insolvenz diese Verpflichtungen nicht wahrnehmen kann, sind diese Bürgschaften fällig.

Allerdings waren die Kreditversicherer bei Holzmann wegen der Erfahrungen mit der Beinahe-Pleite des Unternehmens 1999 vorsichtiger als bei anderen Baukonzernen. Ob und welche Bürgschaften gezogen werden, hängt auch davon ab, ob Mängel bei Bauprojekten auftauchen. Darüber hinaus ist Holzmann an vielen Arbeitsgemeinschaften beteiligt, von denen nicht feststeht, ob sie weiter bauen.

Die Kreditversicherung ist eine europäische Spezialität, in den USA ist sie weitgehend unbekannt. Nach einer Berechnung der Allianz für das Jahr 2000 hält sie selbst rund 40 Prozent des Weltmarktes, davon 25 Prozent durch Euler und 15 Prozent durch Hermes. Gerling kommt zusammen mit der vor kurzem übernommenen niederländischen NCM auf 23 Prozent, die französische Coface auf 16 Prozent. Alle anderen Anbieter teilen sich die restlichen 20 Prozent.

Zitat:

„Auch die Rückversicherer werden kräftig zur Kasse gebeten werden“.

Quelle: Financial Times Deutschland


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