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Rating-Agentur beklagt Intransparenz der Versicherer

Posted By Herbert Fromme On 12. November 2002 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Fitch sieht Eigenkapitalprobleme auf deutschem Markt

Von Herbert Fromme und Anja Krüger, Köln Der deutsche Lebensversicherungsmarkt wird für Anleger und Kunden zunehmend intransparenter, beklagt die Rating-Agentur Fitch Ratings. Bilanzregeln, die eine Verschiebung von Abschreibungen erlauben, entsprechende Regeln der Wirtschaftsprüfer und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) machen eine zutreffende Einschätzung der Situation schwer.

„Die Transparenz nimmt weiter ab, Deutschland hat den Weg in Richtung Japan eingeschlagen“, sagte Marco Metzler, Associate Director bei Fitch, im Gespräch mit der Financial Times Deutschland. Die große Spreizung zwischen hohen versprochenen Überschussbeteiligungen von mehr als sechs Prozent und den tatsächlich erzielten Erträgen auf die Kapitalanlagen hat weitreichende Folgen, glaubt Metzler. In Japan habe dieser „negative spread“ zu sieben Versicherer-Insolvenzen geführt.

„Investoren sehen Lebensversicherer als Urgestein der Finanzwirtschaft, die wegen ihrer starken Bilanzen die letzten sind, die finanzielle Probleme bekommen“, sagte Metzler. „Die Realität sieht ganz anders aus.“ Wenn die Versicherer nicht die Erträge erzielen, die sie versprechen, müssen auch Aktionäre leiden.

Metzler verlangt von der BAFin die „zeitnahe Offenlegung“, wie die Lebensversicherer die Solvabilitätsanforderungen erfüllen. Die Solvabilität drückt das Verhältnis von Eigenkapital zu Geschäftsvolumen aus und zeigt die langfristige Gesundheit eines Unternehmens. In einer neuen Studie hat Fitch untersucht, ob die deutschen Lebensversicherer ausreichend mit Kapital ausgestattet sind. Bei 39 von 75 untersuchten Gesellschaften sei die Ausstattung schwach, urteilt er. Bewertet nach ihrer Fähigkeit, die Überschussbeteiligungen auch in Zukunft zu finanzieren, sind 18 der 75 Unternehmen schwach und weitere 21 „mäßig schwach“. Viele müssten deshalb ihre Gutschriften künftig auf die garantierten Sätze zwischen 3,25 und 4,0 Prozent reduzieren.

Metzler glaubt, dass Ratings in der gegenwärtigen Lage eine besonders wichtige Rolle spielen – das ist für eine Rating-Agentur, die von solchen Bewertungen lebt, keine überraschende Feststellung. Er sieht allerdings aus einem besonderen Grund Bedarf: Lebensversicherer, die bisher kaum die Kapitalmärkte genutzt haben, werden künftig sowohl Anleihen ausgeben sowie Hybridkapital im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Begrenzungen aufnehmen.

Gefahren für die Branche erwartet Fitch Rating auch aus möglichen Klagen von verärgerten Kunden: „Versicherer und Vertreter könnten auf Schadensersatz verklagt werden, wenn sie die Aussichten für Lebenspolicen sehr rosig dargestellt haben, jetzt aber die Überschussbeteiligungen scharf zurückgefahren werden.“

Zitat:

„Deutschland hat den Weg in Richtung Japan eingeschlagen“ – Marco Metzler.

Quelle: Financial Times Deutschland


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